Frankfurt a.M. (epd). Ein syrischer Arzt ist vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Mord zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Alaa M. (40) habe sich in zehn Fällen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht, urteilte das Gericht am Montag. In acht Fällen sah das OLG die Ausübung von Folter erwiesen, in zwei Fällen eine Tötung. Einer der Fälle erfülle zugleich den Tatbestand des Mordes. Das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete die Sicherungsverwahrung an. Der Angeklagte habe in den Jahren 2011 und 2012 im syrischen Homs als ziviler Arzt in einem Militärkrankenhaus sowie in einem Gefängnis des Militärgeheimdienstes Patienten, die der Opposition gegen die Assad-Dikatur zugerechnet wurden, die Leiden zugefügt. (AZ: 5 - 3 StE 2/21-4 - 2/21)
In einem Fall hat Alaa M. nach Angaben des OLG einem epileptischen Patienten, anstatt ihn zu versorgen, eine tödlich wirkende Tablette verabreicht. Einen weiteren Patienten habe er mittels einer Injektion getötet, um vor anwesenden Mitgefangenen seine Macht zu demonstrieren und das Aufbegehren eines Teils der Bevölkerung im sogenannten Arabischen Frühling zu unterdrücken. Als Anhänger des Diktators Baschar al-Assad habe Alaa M. Regimegegner abstrafen wollen, „wobei ihm das Quälen dieser Personen zugleich Freude bereitete“. Aufgrund der Vielzahl der Verbrechenstatbestände und des Missbrauchs der ärztlichen Stellung stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest.
Der Angeklagte hat den Angaben zufolge die Tatvorwürfe bestritten. Er sei jedoch durch die Vernehmung von 56 Zeugen, darunter ehemalige Ärztekollegen aus dem Militärkrankenhaus in Homs sowie von ihm misshandelte Tatopfer, überführt worden. Außerdem seien zwölf Sachverständige gehört worden. Nach dem Weltrechtsprinzip können Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit überall geahndet werden, ganz gleich, wo die Taten verübt wurden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte kann beim Bundesgerichtshof Revision einlegen.
Alaa M. kam 2015 nach Deutschland und arbeitete später als Orthopäde in einer Klinik in Hessen. Nachdem Zeugen ihn erkannt und angezeigt hatten, wurde er im Juni 2020 festgenommen. Der Prozess hatte im Januar 2022 begonnen.