Berlin, Bonn (epd). Sozialverbände fordern die Bundesregierung zur finanziellen Unterstützung von Pflegeheimen beim baulichen Hitzeschutz auf. Der Paritätische Gesamtverband verwies zum bundesweiten Hitzeaktionstag am Mittwoch auf die Folgen extrem hoher Temperaturen für vulnerable Gruppen, besonders für Heimbewohner. „Wir alle spüren die Folgen der Klimakrise, aber wir spüren sie nicht alle gleich“, sagte Katja Kipping, Geschäftsführerin des Paritätischen Gesamtverbandes. „Ältere, kranke und arme Menschen stellt die zunehmende Hitze vor weit größere Herausforderungen.“
Die Klimakrise verschärfe bestehende Ungleichheiten, besonders gefährdet seien Menschen, die ohnehin mit gesundheitlichen, sozialen oder finanziellen Belastungen lebten. Das Förderprogramm „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ des Bundes geht laut Kipping zwar in die richtige Richtung. Jedoch konnten nach ihren Angaben zuletzt viel zu wenige Einrichtungen davon profitieren. Angesichts der baulichen Maßnahmen, die auf viele Wohlfahrtsanbieter zukämen, müsse bei der finanziellen Förderung massiv aufgestockt werden.
Zum Schutz der vulnerablen Gruppen müsse endlich Geld in die Hand genommen werden, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, in Dortmund. Er forderte von der Bundesregierung einen verbindlichen Investitionsplan für die rund 1.600 Krankenhäuser und 12.000 Pflegeeinrichtungen. „Die Bestandsbauten müssen spätestens bis 2027 an die klimatischen Bedingungen angepasst werden. Bei Neubauten gilt es sicherzustellen, dass die Zimmertemperatur die 25-Grad-Marke nicht übersteigt“, sagte Brysch. Das gelinge nur, wenn die Schutzmaßnahmen in jedem Bundesland baurechtlich verankert würden.
Auch der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe warb am Aktionstag für gezielte staatliche Förderung, um Sanierung und wärmedämmende Ausstattung von Pflegeeinrichtungen flächendeckend möglich zu machen. Zudem betonte die Organisation, dass unter der Hitze auch die professionell Pflegenden zu leiden hätten. Deshalb seien „umfassende Schutzkonzepte für alle Arbeitsbereiche notwendig - von der Klinik über die Langzeitpflege bis zur ambulanten Versorgung“.
Die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) verwies darauf, dass in vielen stationären Einrichtungen außenliegender Sonnenschutz, Verschattung, effektive Lüftungskonzepte oder Maßnahmen zur Wärmereduktion fehlten. Es gebe keine bundesweit einheitlichen Anforderungen zum Wärmeschutz. „Die Verantwortung für bauliche Vorgaben liegt bei den Ländern - doch diese kommen ihrer Rolle bislang nicht ausreichend nach“, kritisierte die Organisation. Nötig seien verbindliche Standards, um Pflegeheime baulich und organisatorisch besser auf Hitzewellen vorzubereiten.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) verwies auf die besondere Gefährdung obdachloser Menschen durch extreme Hitze. „Das Leben auf der Straße ist per se schon physisch und psychisch eine enorme Belastung. Bei extremen Temperaturen droht Lebensgefahr - und das gilt nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer“, warnte Geschäftsführerin Sabine Bösing. „Fehlender Zugang zu ausreichender Wasserversorgung, ungeeignete Kleidung, unversorgte Wunden, um nur einige Risiken zu nennen, verschärfen die Situation der Menschen bei extremer Hitze.“