Saarbrücken (epd). Die neue Leiterin des deutsch-französischen Festivals Perspectives, Kira Kirsch, hält Kultur immer für gesellschaftlich relevant. „Es geht um das Zusammenbringen von Menschen und die Offenheit der Veranstaltungen selbst“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Saarbrücken. „Für wen ist es zugänglich? Für wen kann man was zeigen? Welche Räume kann man öffnen?“ Es sei ein großer Unterschied, ob man ein Projekt in Theaterräumen mit vorgegebenem Verhaltenskodex oder in einem Bürgerpark ohne Sprachkenntnisse umsetze.
„Mich interessiert, wie man auch mal andere Narrative und andere Blicke auf die Welt zeigen kann, als sie in den sogenannten Mainstream-Medien präsent sind“, erläuterte sie. Das bei der 47. Ausgabe zu sehende Stück „Farm Fatale“ von Philippe Quesne könne man etwa als Postapokalypse beschreiben, in der alle Menschen tot sind und nur Vogelscheuchen überlebt haben. „Oder es geht um die Erzählung, dass sich eine Gruppe gefunden hat, die versucht, etwas zu bewahren und Neues zu schaffen“, betonte sie. „Das ist dann eine Erzählung von Optimismus, der dem Ganzen auch inne liegt.“
Kirsch kündigte zudem an, das Festival barriereärmer gestalten zu wollen. „Wir beginnen einen Weg“, betonte sie. Zum Start habe das Team versucht, das Festival überhaupt erst einmal in die Deutsche Gebärdensprache (DGS) zu übersetzen. „Wir sind natürlich nicht barrierefrei, aber viele Stücke sind barrierearm, gerade für gehörloses Publikum, weil wir wenig Sprache verwenden oder mit Übertitelung arbeiten“, unterstrich sie. „Momentan können wir es uns nicht leisten, für jedes Projekt diese Übersetzung zu machen.“ Hinzu komme, dass aufgrund der Zweisprachigkeit des Festivals auch die französische Gebärdensprache nötig sei.
„Wir werden es nicht schaffen, alle Projekte gleich inklusiv zu machen“, sagte Kirsch, die auch künstlerische Leiterin der Produktions- und Spielstätte „brut“ in Wien ist. „Gut ist, wenn die Inklusivität stärker aus den Projekten selbst kommt und nicht von außen aufgesetzt wird.“ Außerdem benötige das Festival Expertinnen und Experten in eigener Sache, die auf Dinge hinwiesen, die nicht geeignet seien.
Das deutsch-französische Festival wurde 1978 als „Woche des jungen französischen Theaters“ gegründet. Es ist das einzige Kulturfestival, das sich gleichermaßen deutsch- wie auch französischsprachiger Bühnenkunst widmet. Fremdsprachenkenntnisse sind weder für die französische noch für die deutsche Seite eine Voraussetzung. Kirsch hat die Leitung von Sylvie Hamard übernommen, die das Festival nach 17 Jahren auf eigenen Wunsch nach der 45. Ausgabe verlassen hatte. Die nunmehr 47. Ausgabe findet vom 5. bis 14. Juni statt. Zu erleben sind unter anderem 15 Gastspiele an über 20 Orten in Deutschland und Frankreich.