Berlin (epd). Angesichts der schwierigen Finanzlage drängt der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) die Bundesregierung zum schnellen Handeln. „Wir brauchen unbedingt ein Vorschaltgesetz vor der Sommerpause“, sagte die GKV-Vorstandsvorsitzende Doris Pfeiffer am Montag in Kremmen bei Berlin. Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Beauftragung einer Kommission dauere zu lange.
Als kurzfristige Maßnahme der Politik forderte Pfeiffer insbesondere ein Ausgaben-Moratorium. Das würde bedeuten, dass die Krankenkassen nicht mehr ausgeben dürfen, als sie einnehmen. Im Einzelfall könne ein solcher Ausgabendeckel unter Umständen dazu führen, dass jemand auf eine bestimmte Behandlung länger warten müsse - das sei aber „nicht unser Ziel“, betonte Pfeiffer.
Außerdem müsse der Bund die Kosten für die medizinische Versorgung der Menschen im Bürgergeldbezug voll übernehmen, forderte sie weiter. Hier fehlen nach GKV-Berechnungen jährlich zehn Milliarden Euro.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist vorgesehen, eine Kommission einzusetzen, die bis Frühjahr 2027 Vorschläge dazu macht, wie im System der gesetzlichen Krankenkassen die Finanzlage verbessert werden kann. Pfeiffer kritisierte diesen Zeithorizont. „Es muss deutlich schneller gehen“, sagte sie. Auf die Kommissionsergebnisse „können wir einfach nicht warten“, sagte auch die Vorsitzende des GKV-Verwaltungsrats, Susanne Wagenmann. „Dann ist es zu spät“, warnte die Vertreterin der Arbeitgeberseite im Verwaltungsrat.
Pfeiffer stellte vorläufige Zahlen vor, wonach die Krankenkassen das vergangene Jahr mit einem Minus von rund 6,23 Milliarden Euro abgeschlossen haben. Endgültige Daten würden voraussichtlich Ende Juni vorliegen und „vermutlich noch schlechter“ ausfallen. Insgesamt sei die Finanzlage „dramatisch“ und „sehr instabil“, sagte Pfeiffer.
Als einen Grund nannte sie steigende Ausgaben für Kassenleistungen. So sei für Krankenhausbehandlungen im vergangenen Jahr 8,3 Prozent mehr Geld ausgegeben worden - nicht wegen steigender Fallzahlen, sondern vor allem wegen höherer Tariflöhne und der Inflation, wie Pfeiffer erläuterte. Insgesamt stiegen die Leistungsausgaben den vorläufigen Zahlen zufolge um 7,8 Prozent, während die Einnahmen aus Beiträgen und Zusatzbeiträgen um lediglich 5,3 Prozent zulegten.
Der allgemeine Beitragssatz war zum Jahreswechsel auf 14,6 Prozent angehoben worden, der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf 2,5 Prozent. Allerdings hätten bis Mai bereits acht Kassen ihre Zusatzbeiträge erneut anheben müssen, sagte Pfeiffer. Sechs weitere hätten Anträge auf Erhöhung ihres Zusatzbeitrags zum 1. Juli gestellt. Weitere Kassen könnten folgen.
Sowohl Pfeiffer als auch Wagenmann betonten, dass das Gesundheitswesen tiefgreifende Strukturreformen brauche. Auch diese dürften nicht „auf die lange Bank“ geschoben werden, mahnte Wagenmann. Es handele sich um eine „Mammutaufgabe“, räumte sie zugleich ein.