Hamm (epd). Nach mehrjährigem Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Hamm die Klage des peruanischen Kleinbauern Saul Luciano Lliuya gegen den Energiekonzern RWE abgewiesen. Das Risiko einer Beeinträchtigung durch Klimaschäden für das Grundstück des Klägers in den nächsten 30 Jahren liegt nach Einschätzung des Gerichts bei einem Prozent, wie es am Mittwoch erklärte. Damit folgte das Gericht den Aussagen der zuvor gehörten Gutachter. (AZ.: I-5 U 15/17)
Zugleich hieß es in der Urteilsbegründung, dass die Folgen der Klimaerwärmung durch Treibhausgase unbestritten seien. Auch wenn im konkreten Fall eine Kausalität nicht nachgewiesen werden könne, könne der Gesamtzusammenhang nicht bestritten werden. Jeder weitere Fall müsse im Einzelnen geprüft werden, unterstrich das Gericht.
Die Umweltorganisation Germanwatch wertete die Entscheidung als „bahnbrechendes Urteil“. Das deutsche Zivilrecht sehe große Emittenten wie RWE in der Pflicht, Betroffene weltweit vor der Klimakrise zu schützen, erklärte Germanwatch, die die Klage unterstützte. Diese Grundsatzentscheidung sei nun zum ersten Mal in der Geschichte in einem Urteil festgeschrieben. Darauf könnten sich Betroffene an vielen Orten weltweit berufen. In zahlreichen anderen Ländern wie Großbritannien, den Niederlanden, USA oder in Japan gebe es ähnliche rechtliche Voraussetzungen.
Der Kleinbauer Saul Luciano Lliuya äußerte sich erfreut über die Unterstützung. „Ich bin euch sehr dankbar“, sagte Lliuya in einer Live-Übertragung aus seiner Heimat. Die Klage habe Wichtiges erreicht, das mache ihn stolz. „Große Verursacher der Klimakrise müssen für die Folgen Ihres Tuns einstehen, können rechtlich haftbar gemacht werden“, erklärte er. Enttäuscht äußerte er sich zu den Einschätzungen der von dem Gericht bestellten Gutachtern, dass sein Haus offenbar keinen Schutz brauche.
In dem mehrere Jahre dauernden Rechtsstreit zwischen dem peruanischen Kleinbauern und dem Essener Energiekonzern RWE ging es um die Frage, inwieweit der Kläger und seine Familie von einer möglichen Flut aufgrund des stark angewachsenen Gletschersees Palcacocha in Peru bedroht sind. Der Bauer wollte erreichen, dass sich RWE an den Kosten für Schutzmaßnahmen vor der Erderwärmung in seiner Heimat beteiligt.
Am 18. und 19. März waren zwei vom Gericht bestellte Sachverständige zu Gefahren für das Haus des Klägers durch eine Flutwelle oder Schlammlawine befragt worden. Ein Befangenheitsantrag der Klägerseite gegen einen der Gutachter war vom Gericht abgewiesen worden.
Im Jahr 2017 hatte das Oberlandesgericht entschieden, dass es einen zivilrechtlichen Anspruch zum Schutz von durch die Klimakrise Betroffenen gegen einen großen Emittenten wie den Energiekonzern RWE grundsätzlich für schlüssig hält. Damit wurde der Eintritt in die Beweisaufnahme beschlossen. In Deutschland war das Verfahren das erste maßgebliche Fall dieser Art.