Jüdische Gemeinden melden weltweit mehr antisemitische Vorfälle

Jüdische Gemeinden melden weltweit mehr antisemitische Vorfälle
Ein neuer Bericht zeigt: Antisemitische Vorfälle haben in den sieben Ländern mit den größten jüdischen Diaspora-Gemeinden Ländern stark zugenommen - in Deutschland sind sie gemessen an der jüdischen Bevölkerung besonders häufig.

Berlin (epd). Die sieben größten jüdischen Gemeinden außerhalb Israels melden einen deutlichen Anstieg antisemitischer Vorfälle. Gemessen an der jüdischen Bevölkerungszahl ist Deutschland besonders stark betroffen, wie der am Mittwoch in Berlin veröffentlichte erste Jahresbericht der internationalen J7-Arbeitsgruppe gegen Antisemitismus zeigt. Hier wurden 2023 mehr als 38 antisemitische Vorfälle pro 1.000 jüdische Einwohner registriert. Zum Vergleich: In Großbritannien waren es 13 Vorfälle pro 1.000 Personen, in Australien, Argentinien und Frankreich jeweils vier, in Kanada zwei und in den USA einer.

Die J7-Gruppe, zu der die jüdischen Gemeinden in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA, Kanada, Australien und Argentinien gehören, warnte vor einem „besorgniserregenden“ Trend. Im Vergleich zwischen den Jahren 2021 und 2023 ist die Zahl der antisemitischen Vorfälle dem Bericht zufolge mit 227 Prozent in den USA am deutlichsten gestiegen. In Frankreich liegt der Anstieg bei 185 Prozent, in Kanada bei 83 Prozent und in Großbritannien bei 82 Prozent. Auch in Deutschland ist der Anstieg mit 75 Prozent deutlich zu sehen. In Argentinien (23 Prozent) und Australien (elf Prozent) war der Anstieg antisemitischer Vorfälle geringer.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sprach von einer Front, die sich „von links bis rechts, von Islamisten bis in die Mitte der Gesellschaft“ gebildet habe. „Diese Allianz stellt die Selbstverständlichkeit jüdischen Lebens heute ebenso infrage wie die deutsche Erinnerungskultur“, erklärte er. Diese Entwicklungen überschnitten und beeinflussten sich gegenseitig, online wie offline.

Die Vizepräsidentin für internationale Angelegenheiten der US-amerikanischen Anti-Defamation League (ADL), einer Organisation gegen Antisemitismus und Hasskriminalität, Marina Rosenberg, sprach von einem „Tsunami des Antisemitismus“, den jüdische Gemeinden weltweit nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 erlebt haben.

So verzeichnete Australien dem Bericht zufolge 2024 einen Anstieg von antisemitischen Vorfällen um 317 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den USA wurden fünf Prozent mehr Vorfälle gemeldet. Frankreich und Großbritannien meldeten hingegen einen leichten Rückgang der Vorfälle. Für die drei anderen Länder, inklusive Deutschland, liegen noch keine finalen Zahlen für 2024 vor.

Die Studie weist zudem auf ähnliche Entwicklungen in allen J7-Ländern hin. Demnach nehmen gewalttätige Übergriffe zu, jüdische Einrichtungen wie Synagogen, Schulen und Gemeindezentren werden verstärkt zur Zielscheibe, und auch antisemitischer Hass im Internet wächst. Viele Jüdinnen und Juden fühlten sich demnach zunehmend unsicher und verzichteten aus Angst auf sichtbare Zeichen ihrer Identität. Zugleich kritisiert der Bericht, dass staatliche Stellen vielfach nicht konsequent gegen antisemitische Gewalt vorgingen.

Die J7-Arbeitsgruppe hat sich nach eigenen Angaben im Juli 2023 gegründet, um die Zusammenarbeit zwischen den größten jüdischen Diaspora-Gemeinden vor dem Hintergrund des weltweit zunehmenden Antisemitismus zu fördern.