Hamburg (epd). Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Neuengamme im Südosten Hamburgs, Oliver von Wrochem, berichtet von zunehmenden Angriffen und Vandalismus. „Auf unseren Mahnmalen finden wir immer wieder Sticker mit Nazisymbolen und Schmierereien“, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“. An anderen Erinnerungsorten habe sich die Lage ebenfalls verschärft. Von Wrochem ist auch Sprecher der Arbeitsgemeinschaft aller KZ-Gedenkstätten in Deutschland.
Nach seinen Worten werden andere Gedenkorte wie Sachsenhausen in Brandenburg oder Buchenwald in Thüringen „teilweise noch viel häufiger angegriffen“. „Da schreien Neonazis schon mal 'Heil Hitler' oder fotografieren sich mit Hitlergruß vor den Krematorien.“
Von Wrochem berichtete von Neonazis, die auf dem Gelände in Neuengamme ihre SS-Tätowierungen offen zur Schau gestellt hätten. „Und vor dem Eingang drehte kürzlich ein bekannter rechtsextremer Influencer ein Video und leugnete den Holocaust - mit der Gedenkstätte als Kulisse.“ Erst vor kurzem seien in Neuengamme überdies „wieder Hakenkreuze in einem der Gebäude und im Außenbereich entdeckt“ worden.
Das Personal in Neuengamme erlebe auch gezielte Provokationen. Öfter als in der Vergangenheit stellten Besuchende „scheinbar harmlose Fragen wie: 'Stimmt das denn wirklich? Gibt es dafür Belege? Das glaube ich Ihnen jetzt nicht!'“, sagte von Wrochem. „Dahinter steckt selten echtes Interesse, sondern der Versuch, die NS-Verbrechen zu relativieren.“
Aufgrund der Angriffe sei die Hausordnung verschärft worden. Wer faschistische, antisemitische oder menschenverachtende Symbole zeige oder entsprechende Äußerungen tätige, könne vom Gelände verwiesen werden. Die Ausstellungsaufsichten hätten Notfallknöpfe, mit denen sie die Polizei alarmieren könnten.
Das KZ Neuengamme war nach Angaben der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen das größte nationalsozialistische Konzentrationslager in Nordwestdeutschland. Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Europa seien im Hauptlager und in über 85 Außenlagern inhaftiert gewesen. Mindestens 42.900 seien ums Leben gekommen.