Das Archiv der Herzschläge
Die japanische Insel Teshima beherbergt ein besonderes Museum. Hier werden Herztöne aus aller Welt gesammelt.
Das Archiv der Herzschläge gibt es tatsächlich in Japan auf der Insel Teshima. Ein französischer Künstler hat die Herztöne tausender Menschen aus aller Welt aufgezeichnet und gesammelt. Die Sammlung wächst weiterhin. Nach dem Tod seiner alten Mutter, entscheidet sich Shuichi in sein Elternhaus zurückzukehren. Während des Aus- und Aufräumens des Hauses fällt ihm ein Junge aus der Nachbarschaft auf, der um das Haus herumschleicht. Kenta ist acht Jahre alt. Er war oft bei der Mutter zu Besuch und auch mit Shuichis Sohn befreundet, der bei einem Unfall ums Leben kam. Kenta leidet deswegen unter Schuldgefühlen. Die Trauer um den Sohn hat auch das Ehepaar auseinander gebracht. Shuichi lebt allein und zurückgezogen.
Es ist ein Roman über große Verluste, Trauer und Einsamkeit. Dicht und anspruchsvoll erzählt, gibt der Text tiefe Einblicke in japanische Lebenswelten. Am Ende des Buches reisen Shuichi und Kenta auf die Insel Teshima. Sie nehmen ihre Herztöne auf als Zeichen des Lebens. Gesine Meerheimb
Das Archiv der Herzschläge. Roman. Laura Imai Messina. Dt. von Viktoria von Schirach. München: btb 2024. 313 S. ; 22 cm.
Aus d. Ital., ISBN 978-3-442-76258-3, geb.: 22,00 €
Die Frau im lila Rock
Japanische Gesellschaftssatire über zwei einsame Frauen.
Jeder im Viertel kennt die Frau im lila Rock, die fast jeden Nachmittag auf einer Parkbank sitzt und mit niemandem spricht. Die Frau in der gelben Strickjacke jedoch weiß mehr über sie, denn sie möchte sich mit ihr anfreunden. Um ihr näher zu kommen, beobachtet sie sie und führt akribisch Buch über all ihre Aktivitäten. Als sie erfährt, dass die Frau im lila Rock arbeitslos ist, verschafft sie ihr ohne in Erscheinung zu treten einen Job in dem Hotel, in dem sie selbst arbeitet. Nun muss es ihr doch gelingen, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Doch es kommt ganz anders. Die Frau im lila Rock macht schnell Karriere und beginnt eine Affäre mit dem verheirateten Facility-Manager. Das Unheil nimmt seinen Lauf, und plötzlich kommt es zu einem Unfall, der der Frau in der gelben Strickjacke endlich die Gelegenheit gibt, Kontakt aufzunehmen. – Ein befremdliches Buch, das harmlos beginnt und sich dann mehr und mehr in einen Krimi verwandelt.
Eine Gratwanderung zwischen Realität und Absurdität, die eine Sogwirkung entfaltet. Elisabeth Schmitz
Die Frau im lila Rock. Roman. Natsuko Imamura. Dt. von Katja Busson. München: btb 2025. 126 S. ; 21 cm.
Aus d. Japan., ISBN 978-3-442-77486-9, kt.: 13,00 €
Vermissen auf Japanisch
Kyoko verliert ihren Mann, kämpft als alleinerziehende Mutter und findet Halt in der jüdischen Familie ihres Mannes.
Nach einem tragischen Unfall verliert Kyoko ihren Ehemann Levi und steht plötzlich als alleinerziehende Mutter in San Francisco vor einem Neuanfang. Mit Schulden und einem abgebrochenen Studium kämpft sie ums Überleben und schwankt zwischen Schock, Trauer und Wut. In dieser schweren Zeit findet sie Unterstützung bei der jüdischen Familie ihres verstorbenen Mannes, vor allem bei ihrer warmherzigen Schwiegermutter Bubbe. Der Debütroman wechselt immer wieder zwischen der Gegenwart und Rückblenden in Kyokos Kindheit in Japan. Dabei wird der Kontrast zwischen ihrer eigenen Erziehung und dem Aufwachsen ihres Sohnes in der amerikanischen Kultur deutlich. Basierend auf den persönlichen Erfahrungen der Autorin, bietet der Roman eine tiefgründige Reflexion über zwei Kulturen. Sprachlich nüchtern und doch eindrucksvoll, zeigt er nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Einsamkeit, die Kyoko erlebt. Besonders prägnant ist die Vorstellung, dass es im Japanischen kein direktes Wort für "vermissen" gibt – stattdessen sagt man: "Ich werde ohne dich einsam sein."
Für literarisch interessierte Leser*innen ein interessanter Roman mit Einblicken in fremde Kulturen. Birgit Hillmer
Vermissen auf Japanisch. Roman. Yukiko Tominaga. Dt. von Juliane Zaubitzer. Hamburg: mare 2025. 253 S. ; 21 cm.
Aus d. amerikan. Engl., ISBN 978-3-86648-716-1, geb.: 24,00 €
Hinter dem Zeitenspiegel
Als die 13jährige Yuki die Möglichkeit hat, das alte Japan zu erleben, zögert sie nicht und tritt durch einen Spiegel.
Die 13jährige Yuki lebt mit ihrer japanischen Mutter und derem amerikanischen Partner in den USA. Nach dem Umzug in eine andere Stadt und der Trennung von ihrem besten Freund, fühlt sich Yuki verlassen und unverstanden. In der neuen Schule ist sie Außenseiterin und findet keinen Anschluss. Bei dem Versuch ihre japanischen Wurzeln zu erforschen, kommt sie in näheren Kontakt mit der japanischen Antiquitätenhändlerin Momo. Momo zeigt ihr einen antiken Zauberspiegel und empfiehlt ihr die Lektüre eines alten japanischen Buches von Shonagon. Von Momo erfährt sie, dass der Spiegel ausgewählten Menschen Eintritt in das mittelalterliche Japan ermöglicht. Als sich der Spiegel vor Yuki öffnet und die von ihr bewunderte Autorin Shonagon ihr die Hand reicht, zögert Yuki nicht. Sie folgt der schönen Frau. Später erfährt sie, warum sie ausgewählt wurde und welchen Gefahren sie sich mit diesem Schritt aussetzt. Die aus der Sicht von Yuki erzählte Geschichte basiert auf einer japanischen Legende.
Ein Fantasybuch, eher für Mädchen. Eva Basler
Hinter dem Zeitenspiegel. Miya T. Beck. Dt. von Aimée De Bruyn Ouboter. München: Knesebeck 2024. 265 S. ; 22 cm.
Aus d. Amerikan., ISBN 978-3-95728-881-3, geb.: 18,00 €
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