Oberstes US-Gericht verhandelt über Abtreibungsmittel Mifepriston

Oberstes US-Gericht verhandelt über Abtreibungsmittel Mifepriston

Washington (epd). Das Oberste Gericht der USA hat sich mit der Zulassung des Abtreibungsmittels Mifepriston befasst. Konkret prüften die neun Richterinnen und Richter bei der anderthalbstündigen Anhörung am Dienstag in Washington das Urteil des texanischen Bundesrichters Matthew Kacsmaryk vom April 2023. Darin heißt es, die Arzneimittelbehörde FDA habe bei der Zulassung vor 23 Jahren Fehler gemacht und Risiken nicht ausreichend in Betracht gezogen. Der als konservativ bekannte Kacsmaryk gab dem Gesuch eines Anti-Abtreibungsverbandes von Ärzten statt, dem Mittel die Zulassung zu entziehen. Das Urteil des Obersten Gerichts wird in wenigen Monaten erwartet.

Laut Familienplanungsinstitut Guttmacher Institute werden in den USA beinahe zwei Drittel der Abtreibungen im sogenannten formellen Gesundheitswesen medikamentös ausgeführt. Falls das Oberste Gericht Kacsmaryks Urteil vollständig oder weitgehend bestehen lässt, wäre Mifepriston in den gesamten USA verboten, oder der Zugang wäre zumindest erschwert, selbst in den Bundesstaaten, in denen Abtreibung legal ist.

Die Anhörung am Dienstag befasste sich ausführlich mit der Frage, ob die Kläger in Texas überhaupt befugt waren, die FDA zu verklagen. Sie seien nicht persönlich benachteiligt von der Zulassung des Medikaments. Der Verband der Arzneimittelhersteller sprach sich für die Beibehaltung der Zulassung von Mifepriston aus. Laut Gesetz sei allein die FDA ermächtigt, über die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten zu entscheiden. Sollte das Oberste Gericht gegen Mifepriston urteilen, drohten möglicherweise unzählige Klagen gegen andere Mittel.

Der Präsident der römisch-katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio, rief Gläubige anlässlich der Anhörung zum „konzentrierten Gebet für das Ende der Abtreibung“ auf. Das Oberste Gericht könne „chemische Abtreibung nicht beenden“, jedoch Begrenzungen einführen.

US-Präsident Joe Biden hatte das Urteil von Kacsmaryk kritisiert. Es raube Frauen grundlegende Freiheiten. Abtreibungsgegner hatten sich dagegen Kacsmaryk als Richter ausgesucht. In den USA war es bis in jüngster Vergangenheit üblich, dass Verbände und Firmen bestimmte zivilrechtliche Anträge gezielt bei Bundesrichtern einreichen, die ihnen vermutlich gewogen sind. Der vom früheren republikanischen Präsidenten Donald Trump ernannte Kacsmaryk gilt als Abtreibungsgegner.

Die Praxis der gezielten Auswahl von Richtern geht nun zu Ende. Das für die Verwaltung der Bundesgerichte zuständige Gremium „Judicial Conference of the United States“ hat Mitte März verfügt, dass zivilrechtliche Anträge mit nationaler Wirkung Richtern nach dem Zufallsprinzip zugewiesen werden.