Extremismus-Experte: Gerichtsverfahren kann Bild der AfD ändern

Extremismus-Experte: Gerichtsverfahren kann Bild der AfD ändern
14.03.2024
epd
epd-Gespräch: Holger Spierig

Bielefeld (epd). Das Verfahren über die Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall kann nach Einschätzung des Extremismusforschers Andreas Zick die Wahrnehmung der Partei verändern. „Die Verhandlungen verändern das Bild von der AfD bei vielen Menschen, die bislang nicht so viel darüber nachgedacht haben, welche Gesellschaft die AfD eigentlich möchte“, sagte der Wissenschaftler am Donnerstag in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das ist schon ein Gewinn.“

Am Mittwochabend hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster das Berufungsverfahren zur Einstufung der AfD als rechtsextremer Verdachtsfall vertagt, nachdem die AfD zuvor die Verhandlung durch zahlreiche Anträge verzögert hatte.

Die Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall könne diejenigen AfD-Anhänger abschrecken, „die die Hoffnung hatten, dass die Partei rechtskonservativ oder eine Protestpartei ist“, sagte der Wissenschaftler weiter. Für AfD-Anhänger, die rechtsextreme, völkisch-autoritäre Ideen vertreten, treffe das jedoch nicht zu. Diese würden eher motiviert, Gegenmaßnahmen und -kampagnen zu schmieden. „Die Delegitimierung des Verfassungsschutzes läuft ja bereits“, sagte Zick. Das zeige sich an der Meinung, die Gerichte würden falsch liegen und das alles sei eine Kampagne der Eliten. „Eine Einstufung als Verdachtsfall wird dann als Bestätigung der schon vorhanden Einschätzung betrachtet.“

Die AfD habe sich in den letzten Jahren massiv abgeschottet, sagte der Extremismus-Experte weiter. Die Partei habe auf Vorwürfe, nicht demokratieorientiert zu sein, immer mit Kampagnen gegen ihre Widersacher reagiert. „Sie wird behaupten, sie sei demokratisch und tolerant“, erklärte der Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld. Dass die Partei Rechtsextreme beschäftigt, habe sie nicht gestört. Das gelte ebenso dafür, dass Politikerinnen und Politiker im Namen der Partei rechtsextreme Ideologien vertreten und sich in rechtsextremen wie anti-demokratischen Gruppen zeigen.

Die Prüfverfahren vor Gerichten können nach Worten des Wissenschaftlers dazu beitragen, einen strukturellen Rechtsextremismus der Partei offenzulegen. Die AfD habe Rechtsextreme in die Partei gelassen, gefördert und deren Strukturen verstärkt. Themen wie Migration seien polarisierungsfähig und hätten Rechtsextremen Einfluss in der AfD verschafft und die Partei radikalisiert. Die richtige Antwort darauf sei die Stärkung der Demokratie, unterstrich Zick. Die Partei AfD habe noch eine Chance, sich vom Rechtsextremismus zu trennen. '„Ich gehe aber davon aus, dass sie sich weiter einigelt und die Radikalisierung weiter voranschreitet.“