Heil und Lindner stellen nächste Rentenreform vor

Heil und Lindner stellen nächste Rentenreform vor
Nach langwierigen Aushandlungen liegt das Rentenpaket II der Ampel-Koalition auf dem Tisch: Einerseits soll das Rentenniveau gesichert werden, andererseits sollen kreditfinanzierte Staatszuschüsse die Folgen abmildern. Die Kritik bleibt nicht aus.

Berlin (epd). Die Bundesregierung will das Rentenniveau auf dem heutigen Stand stabilisieren. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) stellten am Dienstag in Berlin Details der eigentlich schon für 2023 angekündigten Reform zur Stabilisierung des Rentenniveaus und der Rentenfinanzen vor, das Rentenpaket II der Ampel-Koalition. Dem gemeinsam erarbeiteten Gesetzentwurf zufolge soll das Rentenniveau bis zum Juli 2039 bei 48 Prozent des Durchschnittseinkommens festgelegt werden.

Der Staat will außerdem einen Kapitalfonds anlegen, um aus den Erträgen ab Mitte der 2030er Jahre Zuschüsse an die Rentenversicherung zu zahlen. Lindner sprach von einem Paradigmenwechsel und einem Einstieg „in die teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente“.

Derzeit beträgt die Standardrente (nach 45 Beitragsjahren bei einem Durchschnittseinkommen) 48,2 Prozent des durchschnittlichen Lohns der Beschäftigten. Heil sagte, käme die Haltelinie nicht, würden 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner im Vergleich zur arbeitenden Bevölkerung immer ärmer. Die Reform sei auch für künftige Rentnerinnen und Rentner von großer Bedeutung, ergänzte Heil: „Wer heute Beiträge zahlt, muss sich auch in Zukunft auf die gesetzliche Rente verlassen können.“ Ohne gesetzliche Eingriffe würde das Rentenniveau ab 2027 unter 48 Prozent und dann stetig weiter sinken.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte in einer Videobotschaft, die gesetzliche Rente bleibe die verlässlichste Säule der Altersversorgung für alle Generationen. Mit ihm als Kanzler werde es keine Rentenkürzungen, keine Erhöhung des Renteneintrittsalters und auch keine Änderung bei der abschlagsfreien Rente nach 45 Beitragsjahren geben, sagte Scholz. Mit dem neuen „Generationenkapital“ leiste die Ampel-Koalition einen Beitrag, um die Rentenbeiträge stabil zu halten.

In diesem Jahr sind erstmals Zahlungen von zwölf Milliarden Euro für das Generationenkapital vorgesehen, für die der Staat Kredite aufnimmt. Finanzminister Lindner versicherte, die Zinsen für Kapitalanlagen lägen „deutlich über den Zinsen, die wir für Staatsdarlehen bezahlen müssen“. Den Plänen zufolge soll der Fonds bis 2036 auf 200 Milliarden Euro aufgestockt werden. Aus den Erträgen soll die Rentenversicherung ab 2036 Zuschüsse von etwa zehn Milliarden Euro jährlich erhalten. Damit könne der ab 2028 deutlich steigende Beitragssatz in den Jahren 2035 bis 2045 um 0,3 Prozentpunkte reduziert und bei 22,3 Prozent des Einkommens stabilisiert werden. Heute beträgt er 18,6 Prozent des Einkommens.

Der Gesetzentwurf wird Heil zufolge nun innerhalb der Regierung abgestimmt und anschließend dem Kabinett vorgelegt werden. Ziel ist demnach, dass die Rentenreform noch bis zum Sommer im Bundestag verabschiedet wird.

Die Grünen äußerten sich skeptisch. Der rentenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Markus Kurth, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), man werde jetzt prüfen müssen, ob ein Kapitalstock, der weitgehend kreditfinanziert sei, überhaupt einen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten könne. Offenbar könnten die Beiträge „nur um ein paar Zehntel Prozentpunkte gedämpft werden“, sagte Kurth: „Das ist nicht die große Rettung der gesetzlichen Rentenversicherung.“

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, erklärte, die Stabilisierung des Rentenniveaus sei richtig, aber nur ein Anfang und nicht ausreichend, um die Altersarmut zu bekämpfen. Dafür müsse das Rentenniveau bei 53 Prozent liegen. Arbeitsminister Heil wies die Kritik zurück und erklärte, eine Stabilisierung bei 48 Prozent sei bereits „ein großer Kraftakt“.

Die Union kritisierte, das Rentenpaket II bringe zusätzliche Belastungen für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und für den Bundeshaushalt. Der sozialpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Stephan Stracke (CSU) erklärte, angesichts eines prognostizierten Ausgabevolumens der Rentenversicherung von rund 700 Milliarden Euro im Jahr 2040, erweise sich der erwartete jährliche Staats-Zuschuss von zehn Milliarden Euro aus Kapitalerträgen als nahezu unbedeutend. Das Generationenkapital sei ein „Scheinriese“, sagte Stracke.