Hilfsorganisation warnt vor tödlichen Folgen der EU-Migrationspolitik

Hilfsorganisation warnt vor tödlichen Folgen der EU-Migrationspolitik
Jeden Tag versuchen Flüchtlinge und Migranten, in die EU zu gelangen. Der Alltag an den Grenzen ist laut "Ärzte ohne Grenzen" von Gewalt bestimmt - mit teils tödlichen Folgen für die Schutzsuchenden.

Frankfurt a.M., Genf (epd). Gewalt und Abschreckung bestimmen laut „Ärzte ohne Grenzen“ den Alltag an den europäischen Außengrenzen. Die Ergebnisse einer Untersuchung zeigten, dass die Politik der EU gegenüber Flüchtlingen und Migranten zunehmend auf Gewalt beruhe und von einer „entmenschlichenden Rhetorik“ begleitet werde, kritisierte die Hilfsorganisation am Mittwoch.

Der Internationale Präsident von „Ärzte ohne Grenzen“, Christos Christou, rief zu einer würdevollen Behandlung Schutzsuchender auf. Es brauche eine Politik, „in der die Würde der Menschen an erster Stelle steht“, sagte Christou dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die weltweit tätige Hilfsorganisation dokumentiert in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht die Gewalt gegen Flüchtlinge in Migranten in zwölf europäischen und afrikanischen Ländern, darunter Polen, Griechenland, Serbien, Niger und Libyen.

In dem Report werden unter anderem die Zustände in libyschen Haftlagern angeprangert. Dort eingesperrte Flüchtlinge und Migranten berichteten von Schlägen, sexualisierten Übergriffen und Folter. Die Hilfsorganisation kritisierte, dass die EU die libysche Küstenwache unterstütze, die Menschen auf dem Mittelmeer aufgreife und in die Haftanstalten bringe.

„Ärzte ohne Grenzen“-Präsident Christou sagte, die oberste Priorität der europäischen Asylpolitik sei die Abwehr von Migranten und Geflüchteten. In Libyen herrschten „katastrophale Verhältnisse“ und es gebe eine „totale Missachtung der Menschenrechte“. Menschen auf der Flucht würden an Orten festgehalten, in denen es kaum Zugang zu Wasser oder Nahrung gebe.

In dem 84-seitigen Report werden auch illegale Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen, sogenannte Pushbacks, angeprangert. An den Grenzen von Griechenland, Bulgarien, Ungarn und Polen hätten Teams von „Ärzte ohne Grenzen“ Menschen behandelt, die bei solchen Pushbacks verletzt worden seien.

Insgesamt habe die Hilfsorganisation zwischen August 2021 und September 2023 an den EU-Grenzen mehr als 28.000 Menschen behandelt und versorgt, hieß es. Die Flüchtlinge und Migranten seien durch Pushbacks, die Grenzwälle und wegen fehlender Such- und Rettungseinsätze verletzt worden. Mit mehr als 2.000 Kilometern Grenzzäunen, Stacheldraht, Überwachungskameras und Drohnen versuchten die EU und ihre Mitgliedsstaaten, Menschen „auszusperren und abzuschrecken“.

Auch innerhalb der Europäischen Union werden Flüchtlinge und Migranten dem Bericht zufolge weiter ausgeschlossen. In Frankreich etwa hätten Teams von „Ärzte ohne Grenzen“ Hunderte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Migranten unterstützt, die keinen Zugang zu staatlichen Leistungen hätten.

Die derzeitige Politik führe dazu, dass viele Schutzsuchende auf gefährlichere Routen ausweichen, sagte „Ärzte ohne Grenzen“-Präsident Christou - „und deshalb ist die Migration so tödlich geworden“.