Jesuiten-Flüchtlingsdienst: Bezahlkarte ist schäbig

Jesuiten-Flüchtlingsdienst: Bezahlkarte ist schäbig
17.02.2024
epd
epd-Gespräch: Dirk Baas

Berlin (epd). Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) lehnt die von den meisten Bundesländern beschlossene Bezahlkarte für Asylbewerber ab. „Es ist nicht erkennbar, welches reale Problem durch sie gelöst werden soll“, sagte der stellvertretende Direktor Stefan Keßler im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Vor allem wegen des erwartbar hohen technischen Aufwandes erscheine die Einführung wenig sinnvoll, kritisierte der Referent für Politik und Recht, Sozial- und Verfahrensberatung. Es sei „schlicht und einfach schäbig, die Karte aus migrationspolitischen Erwägungen heraus besonders abschreckend zu gestalten“.

Die Bundesländer erhoffen sich von der Karte, die primär zum Einkaufen dienen soll, eine einfachere Auszahlung der Asylbewerberleistungen. Elektronisch bezahlt werden kann nur, wenn auf der Karte ein Guthaben vorhanden ist. „Wir können nicht nachvollziehen, inwieweit mit der Bezahlkarte die Verwaltungsabläufe wesentlich vereinfacht werden sollen“, sagte Keßler. Nur wenn mit der Bezahlkarte auch Bargeld abgehoben werden könne, was nicht vorgesehen sei, könne die parallel erfolgende Auszahlung von Bargeld in den Kommunen wegfallen. „Aber es wäre einfacher, den Menschen den Zugang zu regulären Bankkonten zu ermöglichen und die Hilfeleistungen darauf zu überweisen“, erklärte der Experte.

Die Restriktionen, die die Karte mit sich bringe, seien grundsätzlich der falsche Weg in der Integrationspolitik. „Sozialleistungen sind keine Pull-Faktoren. Wir erleben in unserer Arbeit eher, dass uns die Flüchtlinge sagen: Ich will arbeiten und selbstständig sein, nicht von staatlicher Hilfe leben müssen.“ Die Bezahlkarte sei zudem verfassungsrechtlich bedenklich, denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung müssten Sozialleistungen so gestaltet sein, dass sie den realen Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen. „Migrationspolitische Gesichtspunkte, so das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich, dürfen dabei keine Rolle spielen“, betonte Keßler.

„Mit der Bezahlkarte werden eher neue Probleme in der Verwaltung und bei der Beratung auftauchen, aber keine bestehenden Probleme gelöst“, sagte Keßler. Zu dem Plan der Länder, mittels Bezahlkarte Geldtransfers in die Heimatländer der Geflüchteten zu unterbinden, erklärte er, die Behauptung massenhafter Überweisungen werde „zwar immer wieder aufgestellt, ist aber bislang nie empirisch belegt worden“. Von den geringen Beträgen, die Asylsuchende an staatlicher Hilfe erhalten, ließen sich große Geldtransfers kaum finanzieren.