Campact: "Wir müssen die Demonstrationen in der Mitte halten"

Campact: "Wir müssen die Demonstrationen in der Mitte halten"
09.02.2024
epd
epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Verden (epd). Für den nachhaltigen Erfolg der Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie ist es nach Ansicht des Kampagnenprofis Christoph Bautz wichtig, die Proteste in der Mitte der Gesellschaft zu halten. Die Demonstrationen dürften nicht von zu vielen verschiedenen politischen Inhalten und Forderungen überfrachtet werden, sagte der Mitbegründer und Geschäftsführer des Vereins Campact dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Nur so kann sich die breite Mehrheit weiter mit den Protesten identifizieren.“ Campact wurde vor 20 Jahren als Kampagnen-Organisation gegründet und unterstützt die Demonstrationen mit Know-how und Geld.

Radikale Forderungen, wie „Kapitalismus abschaffen“ oder „Grenzen auf, alle rein“, wie sie auf manchen Plakaten formuliert wurden, schadeten der Bewegung, sagte Bautz. Es müsse klar sein, dass Menschen mit liberalen, auch konservativen Haltungen, solange sie sich im demokratischen Spektrum bewegen, „hochwillkommen“ sind. „Deswegen ist es gut, wenn auf den Demos Akteure aus der Breite der Gesellschaft sprechen - Unternehmer, Gewerkschafter, Vertreter von Umweltschutzverbänden, Kirchen, Kultur.“

Bautz betonte, dass die Proteste allein die AfD nicht zurückdrängen könnten. „Da sind die demokratischen Parteien in der Pflicht“, sagte er. Der 51-Jährige forderte insbesondere die Union auf, sich stärker von der AfD abzugrenzen und unabhängig von Wahlergebnissen keinerlei Kooperationen einzugehen. An die Adresse der Bundesregierung appellierte er, weniger zu streiten. „Diese Querelen sind Steilvorlagen für die AfD.“

Die Prüfung eines AfD-Verbots hält Bautz für sinnvoll - zumindest für die drei vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Landesverbände der AfD in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen. „Ob ein AfD-Verbot Aussicht auf Erfolg hat, müssen Politiker und Juristen entscheiden“, sagte er.

Bautz verwies in diesem Zusammenhang auf die „Campact“-Petition zur Grundrechtsverwirkung des AfD-Politikers Björn Höcke gemäß Artikel 18 des Grundgesetzes, die bei WeAct, der Petitionsplattform von Campact, gestartet wurde. Die Petition sei mit rund 1,7 Millionen Unterzeichnern die erfolgreichste Petition in Deutschland überhaupt. Artikel 18 besagt, dass ein Mensch Grundrechte wie etwa die Meinungsfreiheit verwirkt, wenn er diese Grundrechte „zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“.

Die Demos gegen Rechtsextremismus würden in den kommenden Wochen und Monaten vermutlich in Wellenbewegungen verlaufen, prognostizierte Bautz. Wichtig sei es, Demonstrationsanlässe zu schaffen. „Die Europawahl am 9. Juni ist so ein Anlass, wir müssen die Menschen von der Relevanz dieser Wahl überzeugen und Nichtwähler motivieren, zur Wahl zu gehen“, sagte er. „Campact“ plane zusammen mit einem breiten Bündnis deshalb bundesweite Großdemonstrationen für den 8. Juni.

Zusammen mit „Fridays for Future“ habe „Campact“ ferner die Internetseite „zusammen-gegen-rechts.org“ gestaltet. Sie diene der Vernetzung der Menschen. Auf der Seite gibt es eine interaktive Karte mit Informationen über Demonstrationen und Teilnehmerzahlen sowie Tipps, wie Einzelpersonen Demonstrationen anmelden können.