Urteil: Gleichbehandlung gilt auch für schwerbehinderte Praktikanten

Urteil: Gleichbehandlung gilt auch für schwerbehinderte Praktikanten

Erfurt (epd). Arbeitgeber müssen auch bei der Einstellung schwerbehinderter Praktikanten die gesetzlichen Vorschriften zur Gleichbehandlung behinderter Menschen beachten. Dient das Praktikum dem Erwerb „beruflicher Fähigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflicher Erfahrungen“, kann bei einer Benachteiligung wegen der Behinderung ein Entschädigungsanspruch bestehen, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil. (AZ: 8 AZR 212/22) Im entschiedenen Fall wiesen die Erfurter Richter den behinderten Kläger jedoch ab, weil er keine Diskriminierung nachweisen konnte.

Der behinderte Mann hatte sich bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) für ein Förderprogramm für Studierende beworben. Das Förderprogramm gliederte sich in einen Studien- und einen Praktikumsteil auf. Die Teilnehmer des Programms erhielten eine monatliche Förderung von 880 Euro und während des Praktikums 1.570 Euro monatlich.

Während des Bewerbungsverfahrens beantragte der Kläger die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Als er zum Vorstellungsgespräch für das Förderprogramm eingeladen wurde, wies er auf seinen Gleichstellungsantrag hin. Die kurz darauf erhaltene Absage führte er auf seine Behinderung zurück. Im Bewerbungsverfahren hätte die Schwerbehindertenvertretung angehört werden müssen. Da das nicht geschehen sei, stehe ihm eine Entschädigung wegen Diskriminierung zu, so der Kläger.

Dem widersprachen sowohl das Landesarbeitsgericht Nürnberg als auch das BAG. Allerdings müssen sich Arbeitgeber auch in einem Bewerbungsverfahren für ein Praktikum an die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes halten, betonte das BAG. So müsse bei einem schwerbehinderten Bewerber etwa die Schwerbehindertenvertretung angehört werden. Ein Verstoß gegen diese Pflicht sei ein Indiz für eine entschädigungspflichtige Diskriminierung, hieß es.

Dennoch habe der Kläger keinen Anspruch auf eine Entschädigung, urteilte das BAG. Denn im Bewerbungsverfahren sei die beantragte Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen noch nicht verbindlich festgestellt worden. Der Kläger könne sich daher nicht auf das AGG berufen, so das Gericht.