"Initiative kulturelle Integration" übergibt Thesen an Kanzleramt

"Initiative kulturelle Integration" übergibt Thesen an Kanzleramt
Vor gut sechs Jahren hat sich die "Initiative kulturelle Integration" mit Forderungen für ein friedliches Zusammenleben an die Politik gewandt. Jetzt hat das Bündnis staatlicher und nicht-staatlicher Akteure seine Thesen aktualisiert.

Berlin (epd). Die Werte des Grundgesetzes achten, Ängsten entgegentreten, Probleme bei der Integration aber auch benennen: Die „Initiative kulturelle Integration“, ein Bündnis aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, hat am Montag ihre Thesen für ein gelingendes Miteinander in einer vielfältigen Gesellschaft an das Kanzleramt übergeben. Weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, nahm Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) die Thesen entgegen, die eine Neuauflage der Forderungen der Initiative von vor sechs Jahren sind.

2017, als der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine neue Debatte über eine vermeintlich deutsche Leitkultur angestoßen hatte, präsentierte das Bündnis, dem Ministerien, Bundesbeauftragte und kommunale Spitzenverbände ebenso angehören wie Verbände aus dem Kultur- und Sozialbereich sowie Religionsgemeinschaften, erstmals seine Thesen. „Zusammenhalt in Vielfalt“ ist das Papier überschrieben, das sich an Einwanderer und Mehrheitsgesellschaft richtet.

Einwanderung in jeglicher Form, ob durch Flucht, gezielte Anwerbung oder aus familiären Gründen, verändere eine Gesellschaft und erfordere Offenheit, Respekt, Anerkennung und Toleranz „auf allen Seiten“, heißt es in dem Papier. Das Schüren von Ängsten und Feindseligkeiten spalte hingegen die Gesellschaft. Probleme bei der Integration müssten aber auch benannt werden, fordert das Bündnis.

Die 15 Thesen fordern die Anerkennung der Werte des Grundgesetzes und Respekt gegenüber den Entscheidungen der parlamentarischen Demokratie. Weitere Thesen beschäftigen sich mit Geschlechtergerechtigkeit, Religionsfreiheit, freier Meinungsbildung, Sprache, Bildung, Auseinandersetzung mit der Geschichte sowie Erwerbsarbeit als Voraussetzung für Teilhabe.

Notwendig sei die Aktualisierung der Thesen geworden, weil sich seit der ersten Veröffentlichung „die Gesellschaft glücklicherweise weiterentwickelt hat“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, dem Evangelischen Pressedienst (epd). 2017 sei noch heftig über die Frage gestritten worden, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei, erinnerte er sich. Die Aussage habe damals letztlich Eingang in das Papier gefunden, aber nicht in die Überschrift. Heute lautet die neunte These: „Deutschland ist ein Einwanderungsland.“

Zimmermann zufolge ist auch der Kampf gegen Antisemitismus in den aktuellen Thesen nochmals deutlicher herausgestellt worden. In These 13 heißt es, Erinnerung und Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus sei eine dauernde Verpflichtung „für in Deutschland geborene Menschen wie für Zugewanderte“. „Niemand kann sich hier herausreden, weil er nicht immer hier gelebt hat“, sagte Zimmermann.

Der „Initiative kulturelle Integration“ gehören 28 staatliche und nicht-staatliche Stellen und Organisationen an, darunter das Bundesinnenministerium und mehrere Bundesbeauftragte, kommunale Spitzenverbände, Verbände der freien Wohlfahrtspflege, der Deutsche Kulturrat, ARD, ZDF und Medienverbände sowie Religionsgemeinschaften, darunter die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Zentralrat der Juden in Deutschland.

Die kommissarische EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs, erklärte anlässlich der Übergabe der Thesen, Deutschland sei darauf angewiesen, dass Integration gelinge. „Der Dialog der Religionen spielt dabei eine entscheidende Rolle, gerade in Zeiten, in denen die gesellschaftliche Spaltung wächst“, betonte sie.