"Nahrung für die Seele"

"Nahrung für die Seele"
Drei Fragen an Silke Fischer, Geschäftsführerin von "Märchenland"
18.12.2023
epd
epd-Gespräch: Michael Ruffert

Berlin (epd). Die Berliner Organisation „Märchenland“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Märchen als Weltkulturerbe zu bewahren. Geschäftsführerin Silke Fischer hat mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) darüber gesprochen, wie Märchen auch Demenzkranke ansprechen können.

epd: Frau Fischer, sind Märchen nicht eigentlich was für Kinder und nicht für ältere Menschen?

Silke Fischer: Märchen sind ursprünglich keine Geschichten für Kinder. Sie wurden erst durch die Brüder Grimm zur Kinderliteratur. Märchenmotive sind Tausende von Jahren alt. Daher enthalten sie allgemeingültige Weisheiten, sie sind sozusagen geronnene Menschheitsgeschichte. Deshalb erreichen sie alle Menschen, egal welchen Alters, egal welchen Demenzgrades. Märchen sind Nahrung für die Seele.

epd: Was passiert im Gehirn, wenn ein altersdementer Mensch ein Märchen hört?

Fischer: Demenziell veränderte Menschen kommen in der Gegenwart - also in der aktuellen Zeit nicht zurecht. Dafür sind die Erinnerungen stark, doch oft verschüttet. Märchen sind Pfade in die Erinnerung. Dadurch können verloren geglaubte kognitive Fähigkeiten aktiviert werden, was wiederum das Wohlbefinden befördert. Das beugt Depressionen vor und erleichtert somit den Pflegealltag.

epd: Was sind die Erfahrungen Ihrer Projektteilnehmer?

Fischer: Durch eine vierjährige Pilotstudie und regelmäßige Evaluationen unserer Präventionsmaßnahme „Es war einmal ... Märchen und Demenz“ konnte bewiesen werden, dass das regelmäßige Erzählen von Märchen den Pflegealltag positiv beeinflusst. Die demenziell veränderten Menschen sind zufriedener.