Mehr als 3.000 Menschen demonstrieren gegen Antisemitismus

Mehr als 3.000 Menschen demonstrieren gegen Antisemitismus
Alle Bürger seien aufgerufen, für ein friedliches und respektvolles Miteinander einzutreten und gegen Antisemitismus und Rassismus aufzustehen. Dem Aufruf "Nie wieder ist jetzt!" eines breiten Bündnisses folgten mehrere Tausend Menschen in Berlin.

Berlin (epd). Mehr als 3.000 Menschen haben am Sonntag in Berlin gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit demonstriert. Aufgerufen zu der Kundgebung am Brandenburger Tor hatte ein Bündnis aus Verbänden, Politikern und Prominenten. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) und weitere Redner aus Politik und Kultur beschworen dabei den Schutz jüdischen Lebens und die Solidarität der Mitte der Gesellschaft für Jüdinnen und Juden. Die Polizei bezifferte die Teilnehmendenzahl auf 3.200.

Nach einem Demonstrationszug über die Straße des 17. Juni gab es zu Beginn der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor gemeinsame Gebete von Protestanten, Katholiken, Muslimen und Juden. Bundestagspräsidentin Bas versicherte als Schirmherrin der Veranstaltung im Anschluss Jüdinnen und Juden volle Solidarität: „Hier sind wir“, sagte Bas und fügte hinzu: „Wir alle stehen auf gegen Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.“

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel habe auch in Deutschland Antisemitismus massiv zugenommen, auf durchschnittlich 29 Fälle pro Tag. Dagegen setze diese Demonstration ein kraftvolles, sichtbares und lautes Zeichen, betonte die Bundestagspräsidentin. „Nie wieder“ sei keine abstrakte Formel, sondern ein konkreter Auftrag, betonte sie. Jeder Einzelne müsse sich fragen, was „Nie wieder“ für ihn persönlich bedeute.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) mahnte, der Massenmord der Schoah an den europäischen Juden dürfe sich niemals wiederholen. Israel habe das Recht sich zu verteidigen, Deutschland stehe an Israels Seite. Heil zeigte sich beschämt darüber, dass Jüdinnen und Juden hierzulande wieder Angst hätten. „Menschenfeindlichkeit wird nicht toleriert in diesem Land“, versicherte der Bundesarbeitsminister. Allerdings seien zu viele Menschen zu leise: „Wir brauchen keine schweigende, sondern eine laute Mehrheit.“

Auch der Sänger Roland Kaiser zeigte sich beschämt über Antisemitismus in Deutschland. Jüdinnen und Juden hätten wieder Angst und erlebten Angst und Hasse. Für Antisemitismus gebe es aber keine Rechtfertigung, betonte der Sänger. Der Schutz jüdischen Lebens sei der Auftrag aller.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) unterstrich: „Israelfeindlichkeit, Hass und Hetze gehören nicht zu unserem Berlin.“ Jüdinnen und Juden in dieser Stadt seien nicht allein, Berlinerinnen und Berliner sollten in dieser Zeit zusammenstehen. Jüdisches Leben in der Hauptstadt sei ein großes Glück, dessen Schutz eine gemeinsame Verantwortung.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, wiederholte seine Einschätzung, dass er Deutschland im Moment zuweilen nicht wiedererkenne: „Es ist etwas aus den Fugen geraten.“ Noch sei aber Gelegenheit, dies zu reparieren: „Doch dafür muss man sich auch eingestehen, was in den letzten Jahren schiefgelaufen ist, was man nicht hat sehen können oder wollen“, mahnte der Zentralratspräsident.