"Krisenmodus" ist das Wort des Jahres

"Krisenmodus" ist das Wort des Jahres
Krisen gab es immer schon. Ausschlaggebend für die Wahl von "Krisenmodus" zum Wort des Jahres seien die aktuell vielen Krisen gewesen, teilte die Gesellschaft für deutsche Sprache mit. Sie machten aus einem Ausnahmezustand einen Dauerzustand.

Wiesbaden (epd). „Krisenmodus“ ist das Wort des Jahres 2023. Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) begründete ihre Wahl für 2023 am Freitag in Wiesbaden mit dem Ausmaß aktueller Krisen. „Wir sind umzingelt von Krisen“, teilte die Gesellschaft in Anlehnung an einen Satz von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) mit. Habeck hatte in der ARD-Talkshow Anne Will vor wenigen Tagen in diesem Zusammenhang gesagt: „Wir sind umzingelt von der Wirklichkeit.“

„Krisenmodus“ habe sowohl auf der Liste der Wörter gestanden, die die GfdS aus Medien gesammelt hatte, als auch auf der Liste mit von außerhalb eingesandten Wörtern, sagte Lutz Kuntzsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gesellschaft und federführend bei der Vorbereitung der Wahl, auf Nachfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd). Von extern seien rund 300 Wörter eingesandt worden, die GfdS habe rund 1.500 gesammelt.

Der Klimawandel, der Krieg zwischen Russland und der Ukraine sowie die Energiekrise seien noch nicht bewältigt, würden aber schon von neuen Krisen eingeholt, teilte die GfdS weiter mit: „Nahostkrieg, Inflation und Schuldenkrise kamen nun hinzu und auch die Bildungskrise spitzte sich zu.“ Damit sei die Krise vom Ausnahmezustand zum Dauerzustand geworden. Der Umgang damit sei schwierig, Menschen verfielen in Apathie oder einen Alarmzustand. Zu beobachten sei eine sprachliche Radikalisierung.

Auch auf den zweiten Platz wählte die Jury mit dem Wort „Antisemitismus“ ein bekanntes Phänomen. Antisemitismus habe es lange vor dem Nationalsozialismus gegeben, und er sei danach nicht ausgestorben. Spätestens der Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober habe allerdings deutlich gemacht, dass es in Deutschland neben dem rechts- auch den linksradikalen Antisemitismus gebe. Auch eine islamistisch geprägte und in Teilen der muslimischen Bevölkerung vorhandene Judenfeindschaft sei deutlich geworden.

Auf Platz drei setzte die Jury das Adjektiv „leseunfähig“. Hier sei „eine grundlegende Bildungsmisere“ ausschlaggebend gewesen, die von den jüngsten Ergebnissen der Pisa-Studie unterstrichen worden sei, sagte Kuntzsch dem epd. Neben der mangelnden Lesefähigkeit von Schülern zeige sich, dass immer mehr Menschen Schwierigkeiten hätten, komplexe Texte zu verstehen.

Die Jury, bestehend aus dem Hauptvorstand der Gesellschaft sowie den wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wählte zehn Wörter aus. Die weiteren Plätze belegen die Worte KI-Boom (4), Ampelzoff (5), hybride Kriegsführung (6), Migrationsbremse (7), Milliardenloch (8), Teilzeitgesellschaft (9) und Kussskandal (10).

Mit der Aktion „Wort des Jahres“ kürt die GfdS seit 1977 Wörter und Wendungen, die das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben eines Jahres sprachlich bestimmt haben. Ausschlaggebend sei deren Popularität und Bedeutung, nicht die Häufigkeit der Nutzung. Die Liste solle „den sprachlichen Nerv des Jahres treffen“. Im vergangenen Jahr war „Zeitenwende“ das Wort des Jahres. Das Wort stehe für den Übergang in eine neue Ära, in diesem Sinne habe es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine verwendet.