Bundesagentur zahlt Bürgergeld aus - Grüne: Kürzungs-Debatte unseriös

Bundesagentur zahlt Bürgergeld aus - Grüne: Kürzungs-Debatte unseriös
Die Arbeitsmarkt-Expertin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke, wirft Union und FDP vor, die Debatte um Kürzungen beim Bürgergeld nicht seriös zu führen. Sicher ist: Die Bundesagentur für Arbeit zahlt das erhöhte Bürgergeld ab Januar 2024 aus.

Berlin, Nürnberg (epd). Die politische Debatte um Kürzungen beim Bürgergeld hat keinen Einfluss auf die Erhöhung der Leistungen zum Januar 2024. Der Auszahlungsprozess laufe bereits, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit (BA) dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch und bestätigte damit einen Bericht der Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es sei „technisch nicht mehr möglich“, andere Summen auszuzahlen, sagte der Sprecher. Für Änderungen brauche die BA nach Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes mindestens einen Monat Zeit, um die neuen Bescheide rechtzeitig zu verschicken.

Die Erhöhung des Bürgergelds ist bei Union und FDP in der Kritik. SPD und Grüne halten an ihr fest. Die Arbeitsmarkt-Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Beate Müller-Gemmeke, warf Union und FDP im Gespräch mit dem epd vor, sie erweckten fälschlicherweise den Eindruck, das Bürgergeld sei zu hoch. Auslöser der Kürzungs-Debatte sind die Haushaltsprobleme des Bundes nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Das Bundeskabinett hatte die Erhöhung der Regelsätze im September beschlossen. Der Bundesrat hatte der Verordnung im Oktober zugestimmt. Danach steigt der monatliche Betrag für einen alleinlebenden Erwachsenen von 502 auf 563 Euro. Zusätzlich werden Miet- und Heizkosten übernommen.

Müller-Gemmeke kritisierte, dass Politiker von Union und FDP bei der Bevölkerung mit der Forderung nach einem niedrigeren Bürgergeld ein „Kopfkino“ in Gang setzten. Behauptungen, wonach Menschen ihre Stelle kündigten, um Bürgergeld zu beziehen, seien nicht nachvollziehbar, erklärte die Grünen-Politikerin. „Es gibt keine Zahlen, die belegen, dass Leute kündigen, weil sie ins Bürgergeld gehen wollen.“

Wenn behauptet werde, dass Menschen mit Sozialleistungen mehr hätten als arbeitende Menschen, werde häufig deren Nettoeinkommen mit dem Bürgergeld verglichen. Da werde mit falschen Zahlen operiert, kritisierte Müller-Gemmeke. Ein Paar mit zwei Kindern etwa bekomme zusätzlich 500 Euro Kindergeld, sowie den Kinderzuschlag und Wohngeld, wenn nur ein geringes Einkommen erwirtschaftet werde. Dies werde in der Regel nicht erwähnt. Das sei aber wichtig, sagte die Grünen-Politikerin: „Beim Bürgergeld bekommen Menschen diese Leistungen nicht, weil sie bereits eingerechnet sind.“

Künftig werde im Rahmen der Kindergrundsicherung geprüft, ob Eltern Anspruch auf den Kinderzuschlag haben, weil heute viele Familien den Zuschlag nicht beantragen. „Das ist die richtige Antwort, statt den Sozialstaat madig zu machen“, sagte Müller-Gemmeke. Sie bekräftigte, dass die Grünen die Erhöhung des Bürgergeldes nicht rückgängig machen werden: „Wir werden dem nicht zustimmen“, sagte sie und unterstützte damit die Position von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte die Erhöhung des Bürgergelds verteidigt.

Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, macht sich unterdessen für eine Nullrunde im übernächsten Jahr stark. Er sagte der „Bild“-Zeitung (Mittwoch), wenn das Bürgergeld 2024 stärker steige als die Inflation, müsse es 2025 eine Nullrunde geben: Rechtlich sei „das auch möglich. Alles andere wäre ein falsches Signal.“ Dürr sprach sich außerdem für eine Änderung der Regelsatz-Berechnung aus. Die Ampel-Koalition solle „grundsätzlich über die Berechnungsmethode des Bürgergelds sprechen, die noch aus Zeiten von Hartz IV kommt“.

Die Berechnung orientiert sich an den monatlichen Ausgaben von Privathaushalten mit geringen Einkommen. Seit der Einführung des Bürgergelds geht die zu erwartende Inflation in die Regelsatz-Berechnung ein. Bei den vorherigen Hartz IV-Leistungen führten die Preissteigerungen erst im Nachhinein zu einer Anhebung. Für die jährliche Anpassung wird die Preis- und Nettolohnentwicklung im Verhältnis von 70 zu 30 Prozent berücksichtigt.