Deutsch-Polnisches Haus soll an Gräueltaten erinnern

Deutsch-Polnisches Haus soll an Gräueltaten erinnern
Die Auswirkungen des deutschen Überfalls auf Polen prägen noch heute das beiderseitige Verhältnis. In Berlin soll künftig ein Haus für Gedenken, Wissen und Versöhnung sorgen.

Berlin (epd). Ein von der Bundesregierung geplantes Deutsch-Polnisches Haus soll künftig an einem zentralen Ort in Berlin an deutsche Gräueltaten in Polen während des Zweiten Weltkriegs erinnern. Geplant sei zudem ein markantes künstlerisches Element als Gedenkzeichen, heißt es in einem am Dienstag von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) in Berlin vorgestellten Eckpunktepapier.

Das Haus soll in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kanzleramt in Berlin errichtet werden. Bevorzugter Standort sei das Gelände der früheren Kroll-Oper, sagte Roth. In der Kroll-Oper als vorübergehendem Versammlungsort des Reichstages nach dem Brand im Parlamentsgebäude verkündete Adolf Hitler am 1. September 1939 den deutschen Überfall auf Polen.

Roth bezeichnete das geplante Haus als „eines der wichtigsten erinnerungs- und kulturpolitischen Projekte Deutschlands“. Zentrales Anliegen sei das Gedenken an die Opfer der deutschen Besatzung Polens während des Zweiten Weltkrieges.

Die Einrichtung soll ferner historische Verflechtungen vor 1939 und nach 1945 aufzeigen. Dazu gehörten die Teilungen Polens, Migrationen aus Polen in deutsche Länder sowie die Integration in die Europäische Union und die Nato.

Roth will einen Realisierungsvorschlag bis zum Frühjahr 2024 vorlegen. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas hatte mit dem Deutschen Polen-Institut das Eckpunktepapier für die Errichtung des Hauses als Ort des Gedenkens, der historischen Aufklärung und der Begegnung erarbeitet.

Die Stiftung Denkmal regte bereits 2019 die Schaffung eines Dokumentationszentrums der deutschen Besatzungsherrschaft in Europa zwischen 1939 und 1945 an. Das Deutsche Polen-Institut setzt sich seit 2017 dafür ein, einen Ort in Berlin zu schaffen, an dem der Opfer Polens im Zweiten Weltkrieg gedacht wird. Im Berliner Volkspark Friedrichshain erinnert seit 1972 ein Denkmal an die polnischen Soldaten des Zweiten Weltkriegs. Beide Einrichtungen entwickelten seit 2020 gemeinsame Überlegungen. Nach der Bundestagswahl von 2021 ging die Zuständigkeit für das Projekt vom Bundesaußenministerium an die Kulturstaatsministerin über.

Der polnische Botschafter in Berlin, Darius Pawlos, begrüßte die Pläne. „Ich kann Ihnen nur die Daumen drücken, dass dieses Projekt gemeinsam erarbeitet wird“, sagte er bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers. Die Staatsministerin für Europa im Auswärtigen Amt, Anna Lührmann (Grüne), sagte, das geplante Haus stehe für ein Deutschland, das sich kritisch mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt. Polen sei und bleibe einer der wichtigsten Partner.

Der Direktor des Deutschen Polen-Instituts (Darmstadt), Oliver Loew, betonte, das Haus werde „ein Leuchtturm der Empathie, an der es in vergangenen Jahrzehnten oft gefehlt hat in Deutschland“. Junge Menschen könnten in bereits eingerichteten „Jugendlaboren“ ihre Erwartungen an das Projekt formulieren. Der Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Uwe Neumärker, sagte: „Wir wollen Wissbegier generieren.“ Deutsche sollten etwas über Polen, Polen etwas über Deutsche lernen.