Kinderarmutsforscher: Schulbesuch muss wirklich kostenfrei sein

Kinderarmutsforscher: Schulbesuch muss wirklich kostenfrei sein
19.08.2023
epd
epd-Gespräch: Nils Sandrisser

Magdeburg (epd). Der Politikwissenschaftler Michael Klundt plädiert dafür, dass Eltern von allen Kosten für den Schulbesuch ihrer Kinder befreit werden. Das müsse nicht nur für die Schulausstattung, sondern auch für das Mensaessen, Klassenfahrten oder Bastelmaterial gelten, sagte der Professor für Kinderpolitik an der Hochschule Magdeburg-Stendal dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das alles gehört zur Lernmittelfreiheit, und das sollte für alle ohne Antragstellung möglich sein.“

Die aktuell steigenden Preise - auch für Schulbedarf - seien für Familien mit wenig Geld eine hohe Belastung, erläuterte der Kinderarmutsforscher. Insofern sei eine Erhöhung der Leistungen für diesen Sonderbedarf, wie von Verbänden gefordert, geboten. Allerdings nähmen mehr als die Hälfte der Berechtigten die ihnen zustehenden Leistungen gar nicht in Anspruch.

Mit Blick auf die geplante Kindergrundsicherung, über deren Finanzierung die Ampel-Koalition derzeit streitet, sprach sich Klundt daher für eine automatische Überweisung aus. Dadurch würde man ermöglichen, „dass die Berechtigten auch an ihr Recht kommen, so wie beim Kindergeld auch“.

Wie viel eine Kindergrundsicherung koste, komme darauf an, welche Kinder man in die Berechnungen einbeziehe. Berechnungen schwankten zwischen 2 und 24 Milliarden Euro jährlich. Das sei jedoch gut investiertes Geld. Es seien ja bereits jetzt enorme Summen, die der Gesellschaft beispielsweise durch den Fachkräftemangel verloren gingen.

Er plädiere aber dafür, bei der Kindergrundsicherung zwischen dem monetären Bedarf und der Bereitstellung von Infrastruktur zu unterscheiden, sagte Klundt: „Diese Infrastruktur müssen wir bereitstellen, zum Beispiel in der Lernmittelfreiheit.“ Bei der Finanzierung sollten sich starke Schultern durch höhere Spitzensteuersätze, eine Vermögenssteuer und höhere Erbschaftsteuer besonders beteiligen.

Ihm sei bewusst, dass durch die Lernmittelfreiheit auch jene profitierten, die es gar nicht bräuchten, und dass es Eltern geben werde, die darüber hinaus ihre Kinder fördern könnten und würden, sagte der Professor. Er sei aber ein Verfechter des Menschenrechts auf Bildung: „Das bedeutet für mich: Bildung muss gebührenfrei zur Verfügung gestellt werden, unabhängig von der sozialen Herkunft des Kindes.“ Mit der Lernmittelfreiheit hätte man immerhin für alle Kinder ermöglicht, sich von Anfang an gut ins Bildungssystem einbringen zu können.