"Letzte Generation" will trotz Razzia weiter machen

"Letzte Generation" will trotz Razzia weiter machen
Die Polizei-Durchsuchungen bei Mitgliedern der "Letzten Generation" haben Verunsicherung hervorgerufen. Aber die Klimaaktivisten wollen weiter machen.

Berlin (epd). Die Polizei ist am Mittwoch mit Wohnungsdurchsuchungen in sieben Bundesländern gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ vorgegangen. In Berlin protestierten am Nachmittag mehrere Hundert Menschen gegen die Razzia und eine Kriminalisierung der Klimabewegung.

Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München. Es bestehe der Verdacht der Begehung von Straftaten durch Mitglieder der „Letzten Generation“, teilte das Landeskriminalamt (LKA) in München mit. Während die „Letzte Generation“ die Aktion verurteilte, verteidigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Vorgehen der Ermittlungsbehörden.

Die Durchsuchungen fanden an 15 Orten statt. Festnahmen gab es keine. Der Vorwurf gegen sieben Beschuldigte zwischen 22 und 38 Jahren lautet Bildung oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung.

Die Sprecherin der „Letzten Generation“, Aimée van Baalen, sagte, die Klimaaktivisten seien nicht kriminell: „Alles was wir tun, ist transparent.“ Der Zugang zur Internetseite der „Letzten Generation“ wurde von den Behörden gesperrt. Van Baalen kündigte weitere Aktionen in den kommenden Tagen an. „Die Bundesregierung führt uns gerade sehenden Auges in eine Klimahölle.“ Deshalb müsse dagegen weiter Widerstand geleistet werden, sagte sie.

Zu den Hauptbeschuldigten des Ermittlungsverfahrens zählt nach einem Bericht der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag) die Sprecherin und Mitbegründerin des Aktionsbündnisses, Carla Hinrichs. Die Zeitung beruft sich dabei auf den ihr vorliegenden Durchsuchungsbeschluss. Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, 1,4 Millionen Euro an Spenden gesammelt zu haben, die auch zur Begehung von Straftaten eingesetzt wurden. Im Zuge der Ermittlungen wurden laut LKA auch zwei Konten beschlagnahmt. Zwei Beschuldigte stehen zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.

Bundesinnenministerin Faeser sagte den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Online Mittwoch, Print Donnerstag), die Maßnahmen zeigten, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lasse. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, zeigte Verständnis für die bundesweite Razzia. „Wenn sie rechtswidrig agieren, dann muss das auch Folgen haben“, sagte die Theologin in Bielefeld. Sie halte aber nichts davon, die Aktivisten etwa als „Klima-RAF“ zu denunzieren.

Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser nannte die Hausdurchsuchungen dagegen „vollkommen unverhältnismäßig“: Besorgte Menschen würden kriminalisiert, „während Klimaziele weiter ignoriert und fossile Ausbeutung vorangetrieben werden”. Der Jesuitenpater Jörg Alt sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), ein solches Vorgehen wie jetzt geschehen “nie für möglich gehalten„ zu haben. Das Abschalten der Website sei “über das Ziel hinausgeschossen und unverhältnismäßig".

Die Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, ein Zusammenschluss von fast 200 Vereinen und Stiftungen, äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Ermittlungsbehörden. Die Maßnahmen erinnerten an autoritäre Staaten „mit restriktiven NGO-Gesetzen“, hieß es in einer Pressemitteilung.