Bundesregierung einigt sich auf Reformgesetz zur Einbürgerung

Bundesregierung einigt sich auf Reformgesetz zur Einbürgerung
Ausländerinnen und Ausländer sollen nach fünf Jahren einen deutschen Pass beantragen und den Pass ihres Herkunftslandes behalten können. Neben Erleichterungen soll es aber auch strengere Regeln geben, etwa beim Nachweis des eigenen Lebensunterhalts.

Berlin (epd). Die Bundesregierung hat sich über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts verständigt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte am Freitag in Berlin, damit werde eines der wichtigsten Vorhaben der Ampel-Koalition umgesetzt. Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft sei „das stärkste Bekenntnis zu Deutschland“, so Faeser. Die Türkische Gemeinde in Deutschland begrüßte die geplante Reform, die Union kritisierte sie.

Künftig soll eine Einbürgerung nach fünf statt wie bisher nach acht Jahren möglich sein. Wer besonders gut integriert ist, soll nach drei Jahren Aufenthalt den deutschen Pass beantragen können. Zu den besonderen Integrationsleistungen zählen gute Sprachkenntnisse, besondere Leistungen im Job oder ehrenamtliches Engagement. Außerdem wird die Mehrstaatigkeit erlaubt. Faeser sagte, die Menschen würden „künftig nicht mehr gezwungen sein, einen Teil ihrer Identität aufzugeben“.

Gegenüber Faesers erstem Entwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts gibt es einige Änderungen, etwa, dass menschenfeindliche, antisemitische oder rassistische Handlungen eine Einbürgerung verhindern. Darauf hatte vor allem die FDP gedrungen. Staatsanwaltschaften werden verpflichtet, den Einbürgerungsbehörden Informationen über die Motive für eine Straftat mitzuteilen. Damit werden auch Bagatellstrafen erfasst, wenn ein antisemitisches oder rassistisches Motiv vorliegt.

Das Innenministerium erklärte, der zwischen dem Innen- und dem Justizministerium sowie dem Kanzleramt abgestimmte Gesetzentwurf werde nun zur Abstimmung an die Bundesländer und die Verbände geschickt. Erst danach wird er vom Bundeskabinett beschlossen und geht dann in den Bundestag und Bundesrat.

Interessentinnen und Interessenten für den deutschen Pass müssen wie bisher selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Wer Bürgergeld bezieht, kann grundsätzlich nicht eingebürgert werden. Davon gibt es Ausnahmen: Wer seit knapp zwei Jahren in Vollzeit arbeitet, kann den Einbürgerungsantrag auch dann stellen, wenn er oder sie zusätzlich auf staatliche Leistungen angewiesen ist. Das gilt auch für Ehe- oder Lebenspartner und -partnerinnen und minderjährige Kinder.

Aus dem Justizministerium verlautete, die Rechtslage werde gleichwohl insgesamt strenger. Anders als bisher soll nämlich nicht mehr berücksichtigt werden, ob jemand unverschuldet in die Lage geraten ist, staatliche Leistungen beantragen zu müssen, etwa weil er oder sie trotz aller Bemühungen keine Arbeit findet oder beispielsweise kleine Kinder zu betreuen hat.

Die Lebensumstände und die Lebensleistung der sogenannten Gastarbeitergeneration in der Bundesrepublik und der Vertragsarbeiter in der DDR werden hingegen berücksichtigt. Ein unverschuldeter Verlust des Arbeitsplatzes etwa ist kein Hinderungsgrund für die Einbürgerung. Angehörige dieser Generation sollen künftig für den deutschen Pass auch nicht mehr den Einbürgerungstest und schriftliche Sprachtests absolvieren müssen, weil sie nicht die gleichen Integrationschancen hatten wie später ins Land gekommene Menschen. Schließlich sollen öffentliche Einbürgerungsfeiern zur Regel werden, um die Bedeutung des Vorgangs als Bekenntnis zu Deutschland zu unterstreichen.

Der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde (TGD), Gökay Sofuoglu, lobte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe die geplante doppelte Staatsbürgerschaft. Sie entspreche dem Lebensgefühl und der -realität vieler Menschen mit Migrationsgeschichte. Mit Blick auf den Ausschlussgrund antisemitischer oder rassistischer Handlungen warnte der TGD-Chef davor, die Überprüfung dürfe nicht zu „einem generellen Gesinnungstest“ werden. Die Union warf der Ampel-Koalition erneut vor, ihr Gesetz breche mit dem bisherigen Recht. Die Reform führe zu einer „Entwertung der deutschen Staatsangehörigkeit“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Thorsten Frei den Funke-Zeitungen.