Protest: Bestechung deutscher Politiker ist straffrei

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Beim Thema Korruption steht Deutschland "in einer Reihe mit Syrien, Nordkorea und Saudi-Arabien", heißt es von Transparency International Deutschland.
Protest: Bestechung deutscher Politiker ist straffrei
Wie Syrien und Nordkorea setzt Deutschland seit fast zehn Jahren das UN-Abkommen gegen Korruption nicht um. Im Ausland schade das der deutschen Wirtschaft massiv, beschweren sich Konzernchefs in einem offenen Brief. Auch Bürger protestieren.
02.10.2012
epd
Miriam Bunjes

Eine Spende zum Dank für eine Baugenehmigung oder die gewünschte Position in einem Parlamentsausschuss - für deutsche Politiker ist das nicht strafbar. Deutschland hat die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) noch immer nicht ratifiziert, obwohl die Bundesregierung sie 2003 unterschrieben hat.

Nach Ansicht führender Unternehmer ist das im Ausland nicht nur peinlich, sondern es beeinträchtigt auch den wirtschaftlichen Erfolg. "Das Ausbleiben der Ratifizierung der UNCAC schadet dem Ansehen der deutschen Wirtschaftsunternehmen in ihren Auslandsaktivitäten", schrieben 26 Topmanager der 30 DAX-Konzerne wie Telekomchef René Obermann und der neue Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, vor einigen Wochen an die Fraktionschefs aller Parteien. Ein demokratisches Land dürfe sich nicht auf diese Weise angreifbar machen.

Über die Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption diskutiert am 17. Oktober erneut der Bundestag. Die Konvention verpflichtet die Unterzeichner, Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern unter Strafe zu stellen. 161 Staaten haben sie ratifiziert. "Deutschland steht in einer Reihe mit Syrien, Nordkorea und Saudi-Arabien", sagt Christian Humborg von Transparency International Deutschland. "Das ist peinlich und erschreckend."

Kontrolle durch die Öffentlichkeit?

Für Beamte, Richter und Angestellte im öffentlichen Dienst gibt es zahlreiche Vorschriften über Korruption im Strafgesetz. Mandatsträger - gewählte Politiker in Bund, Land und Gemeinden - haben ein Sondergesetz, Paragraf 108e. Und der entspricht nicht den globalen Standards, weil er viele Korruptionsformen gar nicht enthält.

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"Integre Abgeordnete brauchen sich vor schärferen Regelungen nicht zu fürchten", schreiben die Konzernchefs in ihrem Brief. "Den wirtschaftlichen Schaden können wir nicht beziffern", sagt Katrin Rupprecht von der Deutschlandzentrale der Internationalen Handelskammer (ICC) in Berlin, die den Brief initiiert hat. "Wenn deutsche Firmen ihre eigenen Antikorruptionsregeln mit ausländischen Partnern umsetzen wollen, werden sie oft darauf angesprochen." Es sei schwierig, strenge Regeln aufzustellen, wenn die eigene Regierung nicht einmal die UN-Konvention einhalte.

Die Oppositionsparteien haben inzwischen Entwürfe für schärfere Gesetze vorgelegt. Der Widerstand in der schwarz-gelben Regierungsfraktion ist jedoch groß. Vor allem Siegfried Kauder (CDU), Vorsitzender des Rechtsausschusses, ist gegen eine Veränderung. Die UN-Konvention trenne nicht zwischen Mandats- und Amtsträgern. Mandatsträger müssten aber frei sein - auch in der Entscheidung, wessen Einladungen man annehme, sagte Kauder bei einer Bundestagsdebatte Anfang März. Aus der Unionsfraktion heißt es jetzt etwas vorsichtiger: Man sei vom Regelungsbedarf nicht überzeugt. Eine Korruptionskontrolle für Politiker gebe es ja schon durch die Öffentlichkeit.

"Graubereich zwischen Mandat und Korruption"

Experten sehen dagegen dringenden Reformbedarf, wie ein internes Gutachten des Bundestages zeigt, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Zitierte Juristen nennen den Paragrafen 108e "Placebo-Gesetz" mit "Alibi-Charakter". Nicht einmal der Stimmenkauf sei wirklich sanktioniert, "Dankeschön-Geld" nach Wahlen anzunehmen sei nämlich nicht strafbar, das Gesetz somit "symbolisch". Das im Grundgesetz verankerte "freie Mandat" spreche auch nicht per se gegen Antikorruptionsgesetze für gewählte Abgeordnete, schreiben die Experten und verweisen auf die Umsetzung der UNCAC im Ausland. Und: Es spreche nichts dagegen, "übermäßig dotierte Nebentätigkeiten" unter den Strafbestand der Abgeordnetenbestechung zu fassen.

Dies ist nach Ansicht von Fabian Hanneforth von der Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch ein Grund für manche Abgeordnete, das Gesetz zu blockieren. Einige Politiker befänden sich "im moralischen Graubereich zwischen Mandat und Korruption" und scheuten Transparenz bei Nebentätigkeiten. Abgeordnetenwatch hat im August eine Petition gestartet. Rund 14.000 Bürger haben bereits für die UN-Konvention den Satz unterschrieben: "Abgeordnetenbestechung muss auch in Deutschland endlich strafbar sein."