Festgefahrener Streit um Flüchtlingskosten vor Bund-Länder-Treffen

Festgefahrener Streit um Flüchtlingskosten vor Bund-Länder-Treffen
Am Mittwoch beraten die Länderchefs mit Kanzler Scholz über die Lastenverteilung bei der Flüchtlingsaufnahme. Länder und Kommunen dringen auf mehr finanzielle Unterstützung, doch die Bundesregierung will ihnen offenbar nicht entgegenkommen.

Berlin (epd). Vor dem Bund-Länder-Treffen zur Flüchtlingspolitik am Mittwoch zeichnet sich keine Lösung im Streit um die Kostenverteilung bei der Versorgung von Schutzsuchenden ab. Mehrere Länderchefs bekräftigen am Wochenende ihre Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung durch den Bund, um die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge bewältigen zu können. Doch offenbar plant die Bundesregierung keine wesentliche Erhöhung der Finanzhilfen.

Wie laut ARD-Hauptstadtstudio aus einem Entwurfspapier der Bundesregierung für das Spitzentreffen hervorgeht, will sie bei der Kostenverteilung den Ländern und Kommunen nicht entgegenkommen. Der Bund unterstütze schon jetzt die Flüchtlingsversorgung in Milliardenhöhe trotz eines Haushaltsdefizits, während Länder und Kommunen Milliardenüberschüsse verzeichneten, zitierte die ARD aus dem Papier.

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) erklärte indes, von dem Bund-Länder-Treffen müsse das klare Signal ausgehen, „dass die Bundesregierung endlich den Kopf aus dem Sand zieht, die Not der Kommunen wahrnimmt und schnellstmöglich Hilfe leistet“. Der Bund müsse seinen Anteil für die Flüchtlingsversorgung von derzeit 2,75 Milliarden Euro mindestens verdoppeln, sagte Rhein dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Sonntag).

Er mahnte zudem eine Regelung an, wonach sich der Bundesanteil künftig am Flüchtlingszuzug orientiert. „Klar muss ab jetzt außerdem wieder sein: Steigen die Flüchtlingszahlen, steigt die Summe des Bundes.“ Denn der Bund allein sei dafür verantwortlich, die Migration zu steuern und zu begrenzen.

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte, Kommunen und Länder könnten nicht die Zahl der Neuankömmlinge beeinflussen. „Deswegen steht für uns außer Frage, der Bund muss sich in der finanziellen Mitverantwortung in dieser Frage erheblich bewegen“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidenten-Konferenz am Sonntag in Hannover. Wie Rhein forderte auch Weil einen Wechsel zu einem System, „das die Mitverantwortung des Bundes vor allen Dingen auch anhand der Zahlen von Menschen steuert, die zu uns kommen“.

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) drang ebenfalls auf „eine gerechte, tragfähige Lösung mit einer dauerhaften Regelung, die sich dynamisch den Flüchtlingszahlen anpasst“. In der „Bild am Sonntag“ sprach sie sich unter anderem dafür aus, nicht abgerufene Mittel der Wohnraumförderung einsetzen zu können, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der zeitweise auch zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen kann.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte: „Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf die Länder und Kommunen mit den Mehrkosten der Flüchtlingskrise nicht alleine lassen.“ Eine langfristige finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Versorgung und Integration der Geflüchteten müsse sichergestellt werden, sagte Kretschmann der „Bild am Sonntag“.

Zu dem Gipfel am Mittwoch kommt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder in Berlin zusammen. Die Zahl der Flüchtlinge war zuletzt deutlich angestiegen. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 wurden mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine in Deutschland registriert. Im vergangenen Jahr gab es nach einem Rückgang in den Corona-Jahren auch wieder einen Anstieg der Anträge im regulären Asylsystem. Knapp 218.000 Erstanträge wurden gestellt, 47 Prozent mehr als 2021. Hauptherkunftsländer sind nach wie vor Syrien und Afghanistan. Auch in den ersten Monaten dieses Jahres ist die Zahl der Asylanträge weiter gestiegen.