Bundessozialgericht: Hohe Anforderungen für Merkzeichen "aG"

Bundessozialgericht: Hohe Anforderungen für Merkzeichen "aG"

Kassel (epd). Das Bundessozialgericht (BSG) hat die hohen Anforderungen für schwerbehinderte Menschen auf Zuteilung des Merkzeichens „aG“ für außergewöhnliche Gehbehinderung bekräftigt. Damit gehbehinderte Menschen das Merkzeichen zugeteilt bekommen und damit die Möglichkeit zum kostenfreien Parken auf barrierefreien Behindertenparkplätzen haben können, muss eine erhebliche Gehbeeinträchtigung „im öffentlichen Verkehrsraum“ vorliegen, urteilten am Donnerstag die obersten Sozialrichter in Kassel. (AZ: B 9 SB 1/22 R) Das Angewiesensein auf einen Rollstuhl sei hierfür aber keine Voraussetzung.

Im Streitfall liegt bei dem aus Sachsen stammenden Kläger eine fortschreitende Muskelschwunderkrankung vor. Nach seinen Angaben kann er nur auf sehr geraden Flächen, wie etwa einem Krankenhausflur, laufen. Sobald kleinste Unebenheiten vorhanden sind, bestehe die Gefahr eines Sturzes. Alleine könne er dann nicht aufstehen. Einen Rollator oder Unterarmstützen könne er nicht benutzen. Um Wege etwa zum Arzt möglichst kurz halten zu können, beantragte er das Merkzeichen „aG“, um auf Behindertenparkplätzen parken zu können.

Der Landkreis Zwickau meinte, dass der Mann für das Merkzeichen „aG“ noch nicht ausreichend gehbehindert sei.

Zum 30. Dezember 2016 hatte der Gesetzgeber die Zuteilung des Merkzeichens „aG“ neu geregelt. Danach gelten schwerbehinderten Personen als „außergewöhnlich gehbehindert“, wenn die Gehbeeinträchtigung einen Grad der Behinderung von 80 begründet und Betroffene sich nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeugs bewegen können. Demnach können aber auch neuromuskuläre Gesundheitsbeeinträchtigungen, Störungen des Atmungssystems oder Störungen „mentaler Funktionen“ zu Mobilitätsbeeinträchtigungen führen und die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ begründen.

Das BSG verwies das Verfahren an das Landessozialgericht (LSG) Chemnitz zurück. Maßgeblich sei, wie stark der Kläger im öffentlichen Verkehrsraum in seiner Gehfähigkeit beeinträchtigt ist. Hier sei der Kläger angesichts seiner Sturzgefahr auch dauernd auf fremde Hilfe angewiesen, eine Voraussetzung für die Zuerkennung des Merkzeichens. Allerdings sei unklar, ob der Grad der Behinderung von 80 des Klägers allein auf seine Mobilitätsbeeinträchtigung zurückgeht. Dies müsse das LSG noch einmal feststellen.