"Am Rand der Hungersnot" - UN dringen auf Hilfe für Haiti

"Am Rand der Hungersnot" - UN dringen auf Hilfe für Haiti

Frankfurt a.M. (epd). Haiti durchlebt laut den Vereinten Nationen eine beispiellose Hungerkrise. „Es sind Menschen am Rand der Hungersnot, zum ersten Mal überhaupt in der westlichen Hemisphäre“, sagte der Landesdirektor des Welternährungsprogramms WFP, Jean-Martin Bauer, am Montag. Um Schlimmeres zu vermeiden, wolle seine Organisation in diesem Jahr die Hilfe auf 2,5 Millionen Menschen ausweiten, von 1,8 Millionen im vergangenen Jahr. Aber von den für die kommenden sechs Monate benötigten 155 Millionen US-Dollar seien erst zwischen 30 und 40 Millionen eingegangen.

„Dies ist eine vergessene Krise, wir sind vom Radar der Öffentlichkeit verschwunden“, sagte Bauer. Das liege auch daran, dass es eine Ermüdung gebe in Bezug auf Haiti, weil das Land sich seit Langem in einer Abwärtsspirale befinde. „Die Geber haben die Hoffnung verloren, aber das muss sich ändern.“ Im Elendsviertel Cité Soleil (Sonnenstadt) der Hauptstadt Port-au-Prince herrscht Bauer zufolge eine der prekärsten Lagen weltweit. Fast 20.000 Menschen seien am Rand einer Hungersnot, vergleichbar mit Regionen in Afghanistan, Burkina und dem Südsudan.

Hauptgrund für die verzweifelte Lage der Menschen ist die massive Gewalt bewaffneter Banden. „60 Prozent der Hauptstadt sind unter deren Kontrolle“, sagte Bauer. Und sie breiteten sich in den fruchtbaren Norden aus, wo ein Großteil des lokalen Reises angebaut werde. Zudem kontrollierten sie zwei der sechs Hauptstadt-Häfen.

Rufe nach einer militärischen Intervention im Rahmen eines UN-Mandats mehren sich. Kanada kündigte jüngst die Entsendung von zwei Militärschiffen an, um die Sicherheit der Hauptstadt-Häfen zu verbessern. Außerdem leidet der Karibikstaat mit seinen zwölf Millionen Einwohnern aktuell unter den horrend hohen Lebensmittelpreisen und seit Jahren unter einer gravierenden wirtschaftlichen und politischen Krise. Haiti hat sich zudem nie vom verheerenden Erdbeben 2010 erholt, bei dem mindestens 200.000 Menschen starben.

Doch es sei möglich zu helfen, betonte Bauer. Das WFP arbeite mit knapp 3.000 Kleinbauern zusammen, unterstütze sie beim Anbau, kaufe ihre Ernte ab, unter anderem um sie für Schulessen zu verteilen. „Das ändert alles für sie“, sagte der Landesdirektor: „Es gibt lokale Lösungen für einige der Probleme.“