Antisemitismus: Berücksichtigung jüdischer Erfahrungen gefordert

Antisemitismus: Berücksichtigung jüdischer Erfahrungen gefordert

Berlin (epd). Der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias) fordert im Kampf gegen Judenhass eine stärkere Berücksichtigung der Erfahrungen Betroffener. Antisemitismus präge den Alltag deutscher Jüdinnen und Juden, erklärte der Verband am Dienstag in Berlin. Anlass ist die Veröffentlichung einer Analyse von 165 Interviews mit Vertretern jüdischer Gemeinden und Privatpersonen mit dem Titel „Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland 2017-2020“.

Der Autor der Analyse, Daniel Poensgen, erklärte, „was für die Mehrheitsgesellschaft vermeintlich politische Debatten über Israel sind, betrifft Jüdinnen und Juden in Deutschland ungewollt in ihrem Alltag: Sie werden beleidigt, bedroht, müssen sich rechtfertigen und erfahren Entsolidarisierungen.“ So hätten Befragte von antisemitischen Vorfällen etwa beim Zahnarzt, bei der Abschlussfeier an der Schule oder bei der Wohnungssuche berichtet. Für Juden in Deutschland habe dies grundlegende Auswirkungen, etwa darauf, wie offen sie sich als jüdisch zu erkennen geben.

Die Auswertung komme zu dem Ergebnis, dass Juden Antisemitismus zum Teil ganz anders wahrnehmen als die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft. Besonders deutlich werde dies bei Fragen der Sicherheit. Viele Befragte hätten auch von Entsolidarisierung nach antisemitischen Vorfällen wie etwa dem rechtsextremen Terroranschlag auf eine Synagoge 2019 in Halle berichtet.