Flüchtlingsgipfel legt Streit zwischen Bund und Ländern nicht bei

Flüchtlingsgipfel legt Streit zwischen Bund und Ländern nicht bei
In der Flüchtlingspolitik bleibt es zwischen dem Bund, Ländern und Kommunen nach einem Spitzentreffen weiter bei mehr Streit als Einigkeit. Einziger gemeinsamer Nenner sind neue Arbeitsstrukturen, die über Kompromisse beraten sollen.

Berlin (epd). Im Streit um die Flüchtlingspolitik haben sich Bund und Länder auf neue ständige Gremien zur Abstimmung verständigt. Wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Donnerstag nach Beratungen mit den Innenministerinnen und -ministern der Länder sowie Vertretern der kommunalen Spitzenverbände sagte, sollen Arbeitsgruppen über die verschiedenen Bereiche beraten. Ergebnisse sollen Faeser zufolge bis Ostern vorliegen.

Eine Gruppe soll sich mit Fragen von Unterbringung und Finanzen, eine zweite mit der Entlastung von Ausländerbehörden und eine dritte mit Integration befassen. In einer vierten Arbeitsgruppe soll es um die Bekämpfung sogenannter irregulärer Migration und Rückführungen gehen. Ständige Abstimmungen zwischen Bund und Ländern gibt es schon bislang. Über die Arbeitsgruppen werden nun aber auch die Kommunen eingebunden.

Faeser erklärte weiter, dass es künftig ein Dashboard mit aktuellen Daten zur Flüchtlingssituation bis auf Ebene der Kommunen geben soll. Zudem solle zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Faeser zufolge geht es um die Bereitstellung von Flächen, auf denen in serieller Bauweise Wohnungen entstehen sollen.

Gute vier Stunden dauerte das Spitzengespräch zwischen Bund, Ländern und Kommunen - deutlich länger als geplant. Den Streit zwischen den staatlichen Ebenen, vor allem aber auch zwischen SPD und Union konnte es aber nicht beilegen. Die Dauer dürfe nicht so verstanden werden, „dass wir vier Stunden hervorragende Ergebnisse produziert hätten“, sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager (CDU). Er kritisierte erneut, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an dem Treffen nicht teilgenommen hat und es auch deshalb nicht um Finanzen gegangen sei. Enttäuscht äußerte sich auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, im TV-Sender „Welt“. Die Positionen seien noch zu weit auseinander.

Die Bundesregierung hatte den Ländern im November zugesagt, sich ab diesem Jahr mit 2,75 Milliarden Euro jährlich an den Kosten für Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu beteiligen. Dies könne man auch nicht ständig neu verhandeln, sagte der Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD). Die Aufteilung der Kosten wird Grote und Faeser zufolge aber Thema der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz, die für Mitte März in Berlin geplant ist.

Neben den Forderungen nach mehr Geld verlangten Vertreter der CDU auch, die Zuwanderung nach Deutschland zu begrenzen. Nur auf diese Weise könne die Versorgung Schutzsuchender sichergestellt werden, sagte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). Er begrüßte das Votum des kürzlichen EU-Gipfels für mehr Kontrolle an den EU-Außengrenzen und forderte mehr Rückführungen. Der Sonderbevollmächtigte der Bundesregierung für Migrationsabkommen, Joachim Stamp (FDP), der ebenfalls an dem Treffen teilnahm, verwies im Gegenzug darauf, dass Abschiebungen Sache der Länder seien.

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsbundestagsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), forderte von der Bundesregierung einen Kurswechsel in der Migrationspolitik. Sie sprach von einer „Migrationskrise“, die sich zum „sozialen Brandbeschleuniger“ auswachse. Demgegenüber warnte die fluchtpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Clara Bünger, vor Abschottung an den Grenzen. „Asyl ist ein Menschenrecht, für das es keine Obergrenze gibt“, erklärte sie.

Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren im vergangenen Jahr rund 1,1 Millionen Flüchtlinge aus dem Land nach Deutschland gekommen, von denen knapp eine Million geblieben sind. Nach den Jahren der Corona-Pandemie war 2022 zudem auch die Zahl Schutzsuchender aus anderen Ländern wieder gestiegen. Rund 218.000 Erstanträge auf Asyl wurden im vergangenen Jahr gestellt.