Messerattacke im Zug: Motive noch unklar

Messerattacke im Zug: Motive noch unklar
Einen Tag nach dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalexpress von Kiel nach Hamburg sind die Motive des 33 Jahre alten Tatverdächtigen noch unklar.

Brokstedt, Kiel (epd). Einen Tag nach dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalexpress von Kiel nach Hamburg hat die schleswig-holsteinische Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) vor verfrühten politischen Schlussfolgerungen gewarnt. Sie sagte am Donnerstag in Kiel, Ergebnisse der Vernehmungen gebe es bisher nicht, sodass mögliche Motive weiterhin unklar seien. Der mutmaßliche Täter Ibrahim A. sei in Polizeigewahrsam und werde noch am Donnerstag dem Haftrichter vorgeführt. Der Leiter der Polizeidirektion Itzehoe, Frank Matthiesen, ergänzte bei der Pressekonferenz in Kiel, es seien 24 Zeugen befragt und zahlreiche Gepäckstücke sichergestellt worden. Zudem liefen die Ermittlungen der Spurensuche.

Bei dem Messerangriff waren am Mittwoch eine 17-Jährige und ein zwei Jahre älterer Bekannter getötet worden. Beide stammen laut Sütterlin-Waack aus Schleswig-Holstein. Außerdem seien fünf Menschen verletzt, von denen drei weiterhin im Krankenhaus behandelt würden. Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof von Brokstedt (Kreis Steinburg) hatte der Tatverdächtige Polizeiangaben zufolge die Reisenden mit einem Messer attackiert.

Der Kieler Stadtrat Christian Zierau erklärte, der Tatverdächtige habe sich am Morgen der Tat noch bei einem dauerhaft eingerichteten Informationsstand der Stadt Kiel gemeldet. Dort habe er die Mitarbeitenden wegen eines Aufenthaltstitels angesprochen, sei aber an das Einwohnermeldeamt verwiesen worden. „Die Mitarbeitenden haben mir keine Auffälligkeiten gemeldet“, sagte Zierau.

Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich nach Behördenangaben um einen staatenlosen Palästinenser, der im Dezember 2014 nach Deutschland eingereist ist. Bis 2020 sei er in Nordrhein-Westfalen gemeldet gewesen. Von Juli bis November 2021 habe er in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Kiel gelebt, sagte Zierau. Dort habe er nach mehreren Auseinandersetzungen und Regelverstößen ein Hausverbot erhalten.

Erst am 19. Januar sei Ibrahim A. aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden. Im Verfahren sei es um eine gefährliche Körperverletzung gegangen, sagte Ministerin Sütterlin-Waack. Seit 2015 war der Tatverdächtige in Nordrhein-Westfalen und Hamburg mehrfach straffällig geworden, unter anderem wegen Gewaltdelikten. Die Ermittler stünden jetzt in engem Kontakt zu den Behörden in Hamburg, „um mit Hochdruck alle Informationen zusammenzutragen“, betonte Sütterlin-Waack.

Viele der insgesamt 120 Fahrgäste aus dem Regionalexpress standen nach der Tat unter Schock. Fünf Kräfte der Notfall- und Feuerwehrseelsorge in Schleswig-Holstein waren am Bahnhof Brokstedt, um die Reisenden zu betreuen. „In solch schlimmen Momenten versuchen wir, für die Menschen da zu sein und die Situation mit ihnen auszuhalten“, sagte der als Notfall-Seelsorger tätige Pastor Frank Conrads.

Die Mordkommission Itzehoe bittet mögliche Zeugen um Hinweise. Für das anonyme Hochladen von Video-, Foto- und sonstigen Dateien ist ein Hinweisportal über den Link https://sh.hinweisportal.de/ freigeschaltet.