Osnabrück (epd). In Afghanistan stehen Hilfsorganisationen nach dem von den Taliban verhängten Beschäftigungsverbot für Frauen nach den Worten des Caritas-Leiters Oliver Müller vor einem Dilemma. „Wir können uns nicht richtig verhalten und wir sind mit keiner unserer Handlungsoptionen zufrieden“, sagte Müller den Zeitungen der Verlagsgruppe Bistumspresse mit Blick auf die Entscheidung des Hilfswerks, einen Teil der Arbeit in Afghanistan auszusetzen. Ihre Aufgabe sei es, notleidenden Menschen beizustehen. „Unter diesen Bedingungen können wir aber nicht weiterarbeiten.“
Die radikalislamischen Taliban, die in Afghanistan seit knapp eineinhalb Jahren wieder an der Macht sind, hatten Ende Dezember ein Arbeitsverbot für Frauen bei Hilfsorganisationen verhängt. Viele Hilfswerke haben ihre Projekte daraufhin ganz oder teilweise eingestellt. Caritas International lässt nach Angaben von Müller die Nothilfeprogramme ruhen, über die etwa Lebensmittel, Bargeld und Winterhilfen verteilt werden. Lediglich medizinische Projekte liefen weiter, darunter ein Mutter-Kind-Projekt sowie eine Prothesen-Werkstatt.
Müller betonte, dass der Stopp der Hilfe für die betroffenen Menschen eine Katastrophe sei. „Sie sind geschwächt durch die Dürre und die Naturkatastrophen der Vergangenheit, durch den Krieg und das Chaos nach der Machtergreifung der Taliban“, sagte er.
Durch das Berufsverbot könne die Caritas notleidende Frauen aber nicht länger direkt erreichen, weil es in Afghanistan nicht erlaubt sei, dass ein fremder Mann mit einer Frau spreche. „Das Berufsverbot trifft den Nerv der humanitären Hilfe“, sagte Müller. Momentan könnten sie lediglich Lebensmittel an die männlich geprägten Ortschaftsräte geben. „Das ist nicht akzeptabel. Wir könnten nicht sicherstellen, dass die Hilfe wirklich ankommt.“
Damit die Caritas ihre Arbeit wieder vollumfänglich aufnehme, müssten die Mitarbeiterinnen Zugang zu Frauen und Kindern haben, sagte Müller. Mit Blick auf eine mögliche Lösung sei er nicht sehr optimistisch, sagte er. „Eine Chance könnte sein, dass das Regime auf Unterstützung von außen angewiesen ist, auf andere Staaten und die Hilfe der Vereinten Nationen.“ Die Politik müsse den Druck auf die Taliban erhöhen.