Kriminologe: Privates Feuerwerk verbieten

Kriminologe: Privates Feuerwerk verbieten
Hilfsorganisationen fordern nach den Angriffen auf Rettungskräfte in der Silvesternacht Konsequenzen. Der Kriminologe Thomas Feltes hat allerdings keine eindeutige Antwort darauf, ob die Gewalt gegen Einsatzkräfte allgemein tatsächlich steigt.

Berlin (epd). Nach den Angriffen auf Rettungsdienste, Feuerwehr und Polizei in der Silvesternacht äußern sich Vertreterinnen und Vertreter von Hilfsorganisationen betroffen. Das Strafmaß dafür müssen ausgeschöpft werden, forderte Feuerwehrverbands-Präsident Karl-Heinz Banse. Der Kriminologe Thomas Feltes hält ein Böllerverbot für angemessen.

„Dafür können die Kommunen Feuerwerke organisieren“, sagte Feltes, emeritierter Professor für Kriminologie an der Ruhr-Universität Bochum, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das neue Jahr soll schon begangen werden können, aber in Hinterhöfen oder auf der Straße ist so ein Feuerwerk nicht einzusehen.“

In der Silvesternacht hatte es in mehreren Städten Angriffe mit Böllern auf Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr gegeben. Die Berliner Feuerwehr registrierte 38 Übergriffe, 15 Einsatzkräfte seien verletzt worden, eine davon musste stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden. Die Intensität der Angriffe sei „mit den Vorjahren nicht zu vergleichen“ gewesen, teilte die Berliner Polizei mit. In Nordrhein-Westfalen wurden laut einer vorläufigen Bilanz des Landesamts für Zentrale polizeiliche Dienste 42 Polizistinnen und Polizisten verletzt, im Vorjahr waren es 23.

Auch der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, sprach von einer neuen Dimension der Gewalt. Der Staat mit seinen Organen müsse durchgreifen, sagte er dem epd. Die Strafmaße für solches Verhalten reichten aus, müssten aber ausgeschöpft werden.

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, bezeichnete die Angriffe als „unhaltbare Zustände“. Auch die Notaufnahmen hätten an diesem Silvester aufgrund von Verletzungen durch Feuerwerkskörper und alkoholbedingte Unfälle mehr zu tun gehabt.

Der Bundesrettungsdienstleiter des Malteser Hilfsdienstes, Michael Schäfers, appellierte an die Täter, „sich einmal darüber Gedanken zu machen, was sie den Rettungskräften antun, wenn sie die Helfer vorsätzlich in einen Hinterhalt locken“. Sie sollten sich auch fragen, welche Hilfe sie selbst erwarteten, wenn sie diese benötigten, aber die Rettungskräfte sich erst einmal selbst schützen müssten.

Die Johanniter-Unfall-Hilfe forderte eine personelle und materielle Verstärkung von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Harte Strafmaße brächten nichts, wenn die völlig ausgelastete Polizei der Täter nicht habhaft werden könne, sagte Johanniter-Pressesprecherin Therese Raatz. Zudem sei eine Verbesserung des Images von Einsatzkräften nötig. Auch die Johanniter regten ein Böllerverbot an.

Nach Einschätzung des leitenden Landespfarrers für Polizeiseelsorge in Nordrhein-Westfalen, Dietrich Bredt-Dehnen, handelt es sich bei den Angreifern in der Regel um junge und alkoholisierte Männer im Alter von 16 bis 24 Jahren. Anders als bei sonst üblichen Einsätzen würden Polizistinnen und Polizisten zum Jahreswechsel oft auf größere Menschengruppen treffen, in denen sich dann „dynamische Einsatzsituationen“ ergäben, sagte der evangelische Theologe dem epd.

„Ich teile die Einschätzung, dass es mehr geworden ist, aber objektive Zahlen gibt es nicht“, ordnete der Kriminologe Feltes ein. Was in der Silvesternacht zum Vorschein gekommen sei, sei aufgestaute Aggression gewesen. Gerade junge Menschen mit prekärem Hintergrund in den Großstädten machten permanent die Erfahrung, nicht dazuzugehören. Corona habe deren Situation noch verschärft, weil die Maßnahmen gegen die Pandemie sie ihrer Treffpunkte und Freizeitmöglichkeiten beraubt habe.