Kinderarzt beklagt fehlende Therapie gegen Post Covid

Kinderarzt beklagt fehlende Therapie gegen Post Covid
29.12.2022
epd
epd-Gespräch: Julia Pennigsdorf

Hannover (epd). Kindern und Jugendlichen macht eine Post Covid Erkrankung nach Erfahrungen des Hannoveraner Kindermediziners Martin Wetzke schwer zu schaffen. Typische Symptome seien anhaltende Müdigkeit, eingeschränkte körperliche Belastung, Atemnot, Konzentrationsstörungen. Manchmal kämen Gelenk-, Muskel- oder Bauchschmerzen dazu. „Wer diese Kinder sieht, hat keine Zweifel daran, dass es Post Covid gibt“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wetzke leitet die im Mai eröffnete Long-Covid-Ambulanz für Kinder und Jugendliche der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Warteliste ist lang, eine Therapie gibt es noch nicht. Im Schnitt sind die Patienten 13 Jahre alt.

Die Bandbreite der Symptome und Schwergrade sei enorm, sagt Wetzke. Eine Patientin habe es besonders schwer getroffen: Sie schlafe rund 18 Stunden am Tag und benötige einen Rollator.

Die Diagnose erfolge nach Ausschlusskriterien. „Einen anderen Weg haben wir zurzeit nicht, es liegt noch viel Arbeit vor uns“, sagt Wetzke. Es gebe keine Marker, Laborwerte, bildgebenden Verfahren: „Dann würden wir uns leichter tun.“

Die Patienten werden zunächst einen Tag lang eingehend untersucht, um Krankheiten wie Herzmuskelentzündung, Asthma oder Autoimmunerkrankungen auszuschließen. Die Ärzte untersuchen das Herz per Ultraschall und MRT, es werden EKG sowie Lungenfunktionstests gemacht, das Blut untersucht und die Regulationsfähigkeit der Gefäße.

Dazu kommen sportmedizinische Untersuchungen wie ein sechsminütiger Gehtest, der zeigt, wie weit der Patient in der vorgegebenen Zeit kommt. Psychologische Gespräche helfen dabei, die Beschwerden gegen Depression abzugrenzen. „Viele unserer Patienten sind ambitioniert, gute Schüler, haben Pläne, zum Beispiel ins Ausland zu gehen“, sagt Wetzke.

Zu Hause sollen die Patienten maßvoll Sport treiben. Ein Fitnesstracker zeichnet die Daten auf. Maßvoll sei wichtig, weil Long-Covid- und Post-Covid-Patienten mit ihren Kräften haushalten müssten. „Das kommt sonst wie ein Bumerang zurück und die Symptome verschlimmern sich.“

Nach sechs Monaten werden die Kinder erneut in der Long-Covid-Ambulanz vorstellig. Heilen können sie die Ärzte nicht. „Es bewegt mich, dass ich so wenig helfen kann“, sagt Wetzke. Noch gebe es nicht viel mehr als Vermutungen für die Ursache der Beschwerden. Eine davon: Das SARS-CoV-2 könnte bei den Betroffenen noch immer aktiv sein und zu dauerhaften Entzündungen im Körper führen.