Leggewie warnt vor fortschreitendem Rückzug der liberalen Demokratie

Leggewie warnt vor fortschreitendem Rückzug der liberalen Demokratie

Berlin (epd). Der Politikwissenschaftler Claus Leggewie warnt vor einem Ende der liberalen Demokratie. Die Szene des globalen Rechtspopulismus und -extremismus wie die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban oder die rechtsextreme Marine Le Pen in Frankreich agiere vor der stabilen Kulisse eines Rückzugs der liberalen Demokratie, schreibt der Mitherausgeber der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ im „Tagesspiegel“ (Sonntag). Denn nur wenige Gesellschaften stellten sich gegen diesen Trend, der die Welt seit der Jahrtausendwende beherrsche.

Jahrelang sei dieser nach rechts verschobene Klassenkampf verharmlost worden. „So schrumpfte das Ansehen politischer Funktionsträger, und es verbreitete sich eine verschwörerische Wutbürgerei, die jedes Thema zum Anlass nahm, politische Institutionen der Kompromissbildung zu diskreditieren“, so Leggewie.

Demokratie lebe von Kritik, Opposition, gelegentlich zivilem Ungehorsam, „Dampfablassen und Zornesausbrüchen“, aber auch vom Respekt vor ihren Funktionsträgern und Eliten, so Leggewie. Es sei alarmierend, wenn demokratische Parteien heute händeringend nach Bewerbern um politische Ämter suchten: „Währenddessen schießen Bürger, die für politisches Engagement keine Zeit haben, stundenlang Hasstiraden ins Internet. Politikerschelte ist gratis, Bürgerschelte verpönt. Doch was haben Leute verdient, die Putin lieben, Orbán als Retter des christlichen Abendlands feiern und dann aus Daffke die Höcke-AfD wählen? Entschiedene Opposition, deutlichen Protest, notfalls Widerstand.“