Gericht: Hartz-IV-Anspruch für Selbstständige nach verpasster Frist

Gericht: Hartz-IV-Anspruch für Selbstständige nach verpasster Frist

Kassel (epd). Selbstständige Hartz-IV-Aufstocker können bei zu spät eingereichten Unterlagen über ihre Betriebseinnahmen und -ausgaben mit einer Klage ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld II retten. Haben Selbstständige die vom Jobcenter festgesetzte Frist zur Abgabe der Unterlagen verpasst und diese erst im Klageverfahren nachgereicht, ist dies kein Grund, die Hilfeleistung ganz zu versagen und das gezahlte Arbeitslosengeld II zurückzufordern, urteilte am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 4 AS 64/21 R)

Bei selbstständigen Hartz-IV-Aufstockern gewähren Jobcenter wegen der unregelmäßigen Einkünfte regelmäßig nur vorläufig Arbeitslosengeld II. Betroffene müssen vor Erhalt einer Hilfeleistung eine Prognose über ihre Einkünfte abgeben und dies später mit Nachweisen über die Betriebseinnahmen und -ausgaben belegen. Haben sie zu viel verdient, fordert das Jobcenter Hilfeleistungen zurück.

Im konkreten Fall hatte das Jobcenter in Hamburg einer selbstständigen Grafikdesignerin vorläufig Arbeitslosengeld II gewährt. Als die Behörde später die Frau um Nachweise über ihre Betriebseinnahmen und -ausgaben bat, ließ diese die vom Jobcenter gesetzte Frist verstreichen. Die Behörde setzte daraufhin das Arbeitslosengeld II auf Null fest. Damit drohte der Frau die Rückzahlung ihrer bisher erhaltenen Hartz-IV-Leistungen. Erst mit ihrer Klage vor Gericht legte sie die gewünschten Nachweise über ihre Hilfebedürftigkeit vor.

Das Jobcenter hielt dies für zu spät. Die Frau habe mit dem Fristversäumnis ihre Mitwirkungspflicht verletzt, so dass sie keinen Anspruch auf die Hilfeleistung habe.

Doch das BSG gab der Frau recht. Zwar müsse eine Verwaltung auch abschließend über einen Arbeitslosengeld-II-Anspruch entscheiden können. Hierfür dürfe die Behörde auch Fristen setzen. Allerdings lege hier die maßgebliche gesetzliche Bestimmung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld II nicht eindeutig fest, dass verspätet eingereichte Belege einen gänzlichen Verlust der Hilfeleistung zur Folge haben kann. Der Klägerin dürfe daher wegen der erst im Klageverfahren nachgereichten Unterlagen nicht die Leistung versagt werden.