Ampelkoalition streitet über Reform des Staatsangehörigkeitsrechts

Ampelkoalition streitet über Reform des Staatsangehörigkeitsrechts
Im Koalitionsvertrag haben die Ampelparteien vereinbart, ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht zu schaffen. Nun sorgen die Pläne von Innenministerin Faeser für heftigen Streit. Kanzler Scholz springt seiner Parteikollegin bei.

Berlin (epd). In der regierenden Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP gibt es heftigen Streit über die Reform des Einbürgerungsrechts. Während Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) rasch ein schnelleres und deutlich leichteres Verfahren auf den Weg bringen wollen, tritt die FDP auf die Bremse. Nach Faesers Plänen soll die Aufenthaltsdauer in Deutschland bis zur Möglichkeit der Einbürgerung von acht auf fünf Jahre verringert werden. Zudem soll generell zugelassen werden, dass Menschen mehrere Staatsbürgerschaften haben.

„Eine Demokratie lebt von der Möglichkeit, mitzubestimmen“, sagte Scholz am Montag in Berlin bei einer Veranstaltung mit dem Titel „Deutschland. Einwanderungsland. Dialog für Teilhabe und Respekt.“ Wer auf Dauer hier lebe und arbeite, solle auch gewählt werden können, Teil des Landes sein und mit Rechten und Pflichten dazugehören - unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, religiösem Bekenntnis.

Der Kanzler zitierte den französischen Schriftsteller Ernest Renan mit den Worten: „Die Existenz einer Nation ist ein tägliches Plebiszit.“ Er fügte hinzu: „Deshalb muss uns daran gelegen sein, dass Einwohnerschaft und Wahlvolk nicht auseinanderfallen.“ Scholz wies darauf hin, dass neun Millionen Bürgerinnen und Bürger im Land lebten und arbeiteten, ohne die Staatsbürgerschaft zu besitzen. Mit Blick auf den bisherigen Grundsatz, Mehrstaatigkeit zu vermeiden, sagte Scholz, er habe nie verstanden, warum darauf bestanden worden sei. „Zugehörigkeit und Identität sind kein Nullsummenspiel.“

Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), bezeichnete die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts als „längst überfällige Modernisierung“.

Vom Koalitionspartner FDP kam allerdings massiver Widerspruch. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte auf Twitter, bei der Einwanderung gelte, dass alle helfenden Hände im Arbeitsmarkt willkommen seien, aber niemand, der nur die Hand im Sozialsystem aufhalten wolle. Das gelte auch für die Staatsbürgerschaft.

„Eine Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft wird es mit der FDP nicht geben“, betonte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Er sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag), für die vor einem Jahr zwischen SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag vereinbarten Änderungen sei jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. „Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration“, fügte er als Begründung hinzu.

Das FDP-Bundesvorstandsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann bekannte sich im RTL/ntv- „Frühstart“ zwar zum gemeinsamen Ziel der Ampel-Koalition, diejenigen schneller zu integrieren, die in Deutschland lange lebten und arbeiteten. Sie betonte jedoch zugleich, bevor „Faeser das zur Chefinnen-Sache macht“, solle sie dafür Sorge tragen, dass diejenigen ordentlich zurückgeführt würden, „die hier illegal sind, die, die möglicherweise auch gesetzlich aufgefallen sind“.

Im Koalitionsvertrag steht, dass „ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht“ geschaffen werden soll. Dafür werde die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglicht und der Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfacht. Eine Einbürgerung solle in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren, heißt es weiter.

Faeser wies auf diese Vereinbarung der Ampel-Parteien hin und zeigte sich überzeugt: „Die FDP lehnt unsere Pläne nicht komplett ab, es ist unser gemeinsamer Koalitionsvertrag.“ Es gebe lediglich einzelne Stimmen dagegen. Laut einem Ministeriumssprecher wird der Entwurf voraussichtlich in den nächsten Tagen in die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung gehen.