Böckler-Stiftung: Bürgergeld lediglich ein Inflationsausgleich

Böckler-Stiftung: Bürgergeld lediglich ein Inflationsausgleich

Düsseldorf (epd). Das ab Januar geplante Bürgergeld ist nach einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) zu niedrig, um Armut nachhaltig einzudämmen. Das neue Bürgergeld biete lediglich einen Inflationsausgleich, sagte die Direktorin des gewerkschaftsnahen Instituts, Bettina Kohlrausch am Donnerstag in Düsseldorf bei der Vorstellung des neuen WSI-Verteilungsberichts.

Die Grundsicherung sei bereits vor den Krisen der vergangenen beiden Jahre nicht armutsfest gewesen: „Darauf wird mit der Erhöhung durch das Bürgergeld nicht reagiert“, erklärte Kohlrausch. Der Verteilungsbericht fordert eine Anhebung der Grundsicherung auf ein Niveau, das die Einkommensarmut tatsächlich verhindere.

Die WSI-Studie warnt vor einem weiteren Anstieg sozialer Ungleichheit in Deutschland. Bereits vor der Pandemie und der Verteuerung von Lebensmitteln und Energie habe die Armut in Deutschland einen Höchststand erreicht, sagte Kohlrausch: „Wir erwarten, dass sich das nun verstärkt.“

Schon in der Dekade vor den derzeitigen Krisen habe sich die soziale Ungleichheit vergrößert, erklärte Studien-Autorin Dorothee Spannagel. „Im Jahr 2019 waren so viele Menschen in Deutschland von Armut betroffen wie nie zuvor.“ Als arm gelten Menschen, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben.

Zwischen 2010 und 2019 sei die Armutsquote trotz guter Wirtschaftsentwicklung von 14,3 auf 16,8 Prozent gestiegen, heißt es in dem Bericht. Das sei eine relative Zunahme um 17,5 Prozent. Die Quote der sehr armen Menschen, die weniger als die Hälfte des mittleren Einkommens zur Verfügung hatten, sei im gleichen Zeitraum sogar um 40 Prozent gewachsen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sei von 7,9 auf 11,1 Prozent geklettert.

Zur Eindämmung der Armut fordert die Studie, die Löhne für Geringverdienende durch eine Stärkung der Tarifbindung anzuheben. Zudem solle der Mindestlohn auf mindestens 60 Prozent des mittleren Lohns weiter steigen. Beschäftigte an den „Rändern des Arbeitsmarktes“ wie Minijobber oder befristet Angestellte müssten zudem durch Qualifizierung gefördert werden, damit sie eine besser bezahlte sozialversicherungspflichtige Stelle fänden. Notwendig sei auch die Förderung von sozialem Wohnraum und einer verlässlichen, kostenfreien Kinderbetreuung.