Kirchenhistoriker Wolf: Papst nimmt Synodalität nicht ernst

Kirchenhistoriker Wolf: Papst nimmt Synodalität nicht ernst

Oberurse, Münster (epd). Kurz vor dem Besuch der deutschen katholischen Bischöfe in Rom hat der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf Papst Franziskus kritisiert und den reformorientierten Bischöfen Wehleidigkeit und Mutlosigkeit vorgeworfen. Der Papst nehme Synodalität nicht ernst, sagte Wolf der in Oberursel erscheinenden Zeitschrift „Publik-Forum“ (Online/Print: Samstag). „Was bei Franziskus synodal heißt, ist meiner Meinung nach nichts anderes als jesuitische Aktivierung. Alle sollen sich einbringen, aber am Schluss entscheidet der Ordensgeneral. Nur mit dem Unterschied, dass Franziskus nichts entscheidet.“

Als Beispiel nannte Wolf die Amazonas-Synode, die im Oktober 2019 in Rom stattgefunden hatte. Dort war von einer Dreiviertelmehrheit der Synodalen beschlossen worden, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, was vom Papst in seinem Schlussdokument allerdings ignoriert wurde.

Anlässlich des sogenannten Ad-limina-Besuchs der Bischöfe vom 14. bis 18. November in Rom hatten sich zuvor bereits 33 katholische Verbände und Initiativen kritisch zu Wort gemeldet. In einer gemeinsamen Resolution forderten sie den Vatikan auf, die deutschen Reformbemühungen im sogenannten Synodalen Weg anzuerkennen und selbst zu handeln.

Kirchenhistoriker Wolf sagte „Publik-Forum“, unter den deutschen Bischöfen nehme er Wehleidigkeit und mangelnden Einsatz für Reformen wahr. Wenn der Münchener Kardinal Reinhard Marx sage, dass er für das Diakonat der Frau sei und weitere neun Bischöfe auch, warum beantrage er dann keine Sondergenehmigung beim Papst? „Ob dazu viel Mut gehört, weiß ich nicht.“ Sollte Franziskus das Anliegen ablehnen, könnten sie ihren Rücktritt anbieten. „Es wäre spannend, zu sehen, ob der Papst zehn Rücktritte annehmen würde.“

Der Vorwurf, wonach die Deutschen eine Protestantisierung der katholischen Kirche wollten, sei „eine Meistererzählung der Konservativen, eine absolute Verkennung der deutschen Situation und der Diskussionslage im Synodalen Weg“, sagte Wolf. Allerdings seien die reformorientierten unter den deutschen Bischöfen in der Pflicht, die Vorbehalte und Bedenken der Mitarbeiter in den Leitungs- und Verwaltungsorganen des Heiligen Stuhls ernst zu nehmen.

Die sogenannten Reformer sollten sich zudem überlegen, welche Leute sie für die Mitarbeit in der sogenannten Kurie abstellen. Man dürfe „nicht nur Leute nach Rom schicken, die man in der Seelsorge nicht brauchen kann und sich hinterher darüber wundern, dass sie wenig hilfreich sind“, sagte Wolf.