Finanzielle Sorgen dominieren die "Ängste der Deutschen"

Finanzielle Sorgen dominieren die "Ängste der Deutschen"
Jedes Jahr fragt eine Langzeitstudie nach den "Ängsten der Deutschen". Die Sorge vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung wächst rasant, spielt aber noch eine untergeordnete Rolle. Dominant sind Ängste vor finanziellen Einbußen.

Berlin, Bad Homburg (epd). Angesichts von Inflation, Ukraine-Krieg und Hitzesommer sorgen sich die Deutschen vor allem um negative finanzielle Folgen. Insgesamt belegen Geldsorgen die ersten fünf Plätze einer aktuellen Repräsentativbefragung der R+V-Versicherung. Zwei Drittel der Menschen (67 Prozent) hätten inzwischen Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten, sagte der Studienleiter der Analyse „Die Ängste der Deutschen“, Grischa Brower-Rabinowitsch, am Donnerstag in Berlin.

Die diesjährige Top-Angst der Deutschen vor steigenden Lebenshaltungskosten erreicht damit einen neuen Höchststand seit 2010. Lediglich 2005 sei diese Sorge wegen hoher Kraftstoffpreise und 2008 im Zuge der Finanzkrise noch größer gewesen, sagte Brower-Rabinowitsch. Die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten sei „regelrecht in die Höhe geschnellt“, unterstrich Manfred Schmidt vom Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg. Gegenüber dem Vorjahr ging der Wert um 17 Prozentpunkte nach oben.

Auf Platz zwei folgt laut R+V die Angst vor unbezahlbarem Wohnraum. Diese Sorge hätten 58 Prozent der Befragten. Auf den Plätzen drei bis fünf folgen Ängste vor einer schlechteren Wirtschaftslage (57 Prozent Zustimmung), Steuererhöhungen oder Leistungskürzungen durch die Corona-Pandemie (52 Prozent) und Kosten für die Steuerzahler durch die EU-Schuldenkrise (51 Prozent).

Den größten Zuwachs gab es indes bei der Angst vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung. Dieser Wert stieg gegenüber 2021 von 16 auf nunmehr 42 Prozent. Das entspricht einem Zuwachs um 26 Prozentpunkte. Dennoch schaffte es diese Angst bei der Befragung im Sommer nicht in die „Top Ten“. Jedoch war der Wert von 42 Prozent Angst vor einem Krieg mit deutscher Beteiligung in mehr als 30 Jahren nur zwei Mal höher: 1999 im Zuge des Kosovo-Krieges und 2015 im Zusammenhang mit dem Bundeswehreinsatz in Afghanistan.

Auf eher hinteren Plätzen folgen bei den „Ängsten der Deutschen“ Naturkatastrophen oder Wetterextreme (Platz 6 und 49 Prozent Zustimmung) oder zunehmender Macht von weltweit autoritären Herrschern (Platz 7 und 47 Prozent Zustimmung). Erst danach folgen die Angst vor dem Klimawandel (Platz 8 und 46 Prozent Zustimmung) und die Angst vor einer Überforderung des Staates durch Geflüchtete (Platz 9 und 45 Prozent Zustimmung). Auf Platz 10 liegt die Angst vor einer Überforderung der Politikerinnen und Politiker (44 Prozent).

Der Politikwissenschaftler Schmidt fasste die diesjährigen Ergebnisse mit den Worten zusammen, für die Mehrheit der Befragten sei „das liebe Geld“ zentral bei den Ängsten. Umwelt- und Klimathemen folgten mit deutlichem Abstand. Diese sogenannten grünen Themen spielten erkennbar „die zweite Geige“. Die Inflationsrate jedoch schocke die Menschen. Ihre Ängste würden getrieben von steigenden Energiepreisen, teureren Lebensmitteln und höheren Mieten.

Die repräsentative Langzeit-Untersuchung „Die Ängste der Deutschen“ fand zum 31. Mal statt, die erste Studie gab es 1992. Dazu wurden von Juni bis August persönliche Interviews mit 2.400 Menschen ab 14 Jahren geführt.