Studie: Rund 1,1 Millionen Menschen nutzen Tafeln

Studie: Rund 1,1 Millionen Menschen nutzen Tafeln

Berlin (epd). Alleinerziehende und Schwerbehinderte nutzen einer Studie zufolge Tafeln besonders häufig. Jeweils rund ein Drittel der Tafelbesucherinnen und -besucher gehört zu diesen beiden Gruppen, wie eine am Mittwoch in Berlin vorgestellte Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt. Die DIW-Studie liefert den Angaben zufolge erstmals repräsentative Daten zur Nutzung von Tafeln.

Danach suchten im ersten Halbjahr 2020 knapp 1,1 Millionen Menschen in Deutschland die Tafeln auf, das sind etwa 1,3 Prozent der Bevölkerung. „Offenbar gibt es eine relevante Gruppe von Menschen, die mithilfe der Tafeln ihre Nahrungsmittelversorgung sicherstellen müssen“, sagte DIW-Forscher Markus M. Grabka.

Die größte Gruppe unter den Tafelbesuchern sind Erwerbslose: Drei Viertel der Befragten gaben an, keiner Arbeit nachzugehen. Zu den Besuchern gehöre aber auch eine Gruppe von zwölf Prozent, die Vollzeit arbeiten. Zwei Drittel der Tafelbesucher beziehen laut Studie ein Einkommen unterhalb der Armutsrisikoschwelle, verfügen also über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung. „Die Tafeln stellen ein zunehmend wichtiges Angebot zur Bewältigung von Armut dar, sie können aber keine Dauerlösung für die Betroffenen sein“, sagte Co-Autor Jürgen Schupp.

Ein Viertel der Tafelbesucherinnen und -besucher sind Minderjährige. Besonders auffällig sei die Gruppe der Alleinerziehenden. Fast jede 20. alleinerziehende Person nehme Tafeln in Anspruch. „Dass vor allem Familien Tafeln nutzen müssen, wirft kein gutes Licht auf die soziale Absicherung von Kindern“, sagte Schupp. „Die Ampelkoalition muss jetzt zügig die Kindergrundsicherung auf den Weg bringen.“

Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine und im Zuge der Preissteigerungen werden Tafeln noch stärker beansprucht, wie die Forscher mitteilten. Die Autoren forderten staatliche Maßnahmen, die die Ursachen von Armut bekämpfen. „Es wird nicht ausreichen, mit dem Grundbetrag des Bürgergeldes nur die Inflation beim Hartz-IV-Satz auszugleichen“, erklärte DIW-Forscher Schupp. Zudem gelte es, bestehende staatliche Förderungen von Initiativen der Tafelbewegung zur Weiterentwicklung als Lotsenzentren fortzuführen und bei Bedarf auszubauen.