Urteil: Bundesfreiwilligendienst schützt nicht vor vorzeitiger Rente

Urteil: Bundesfreiwilligendienst schützt nicht vor vorzeitiger Rente

Kassel (epd). Jobcenter dürfen Hartz-IV-Bezieher auch während eines Bundesfreiwilligendienstes vorzeitig und mit Abschlägen in Rente schicken. Selbst wenn für die Mitarbeit Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden, ist die Aufforderung, einen vorzeitigen Rentenantrag zu stellen, um Arbeitslosengeld II zu vermeiden, rechtmäßig, urteilte am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) Kassel. (AZ: B 4 AS 60/21 R) Voraussetzung hierfür sei, dass der Arbeitslosengeld-II-Bezieher im Bundesfreiwilligenverdienst nicht mehr als 450 Euro monatlich verdient.

Konkret ging es um eine 63-jährige Hartz-IV-Bezieherin aus dem Landkreis Barnim in Brandenburg, die ab März 2016 einen einjährigen Bundesfreiwilligendienst in einer Bibliothek absolvierte. Dafür erhielt sie ein monatliches Taschengeld von 200 Euro. Für ihren Dienst wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 81,22 Euro gezahlt.

Als langjährig Versicherte hatte die 63-Jährige die Möglichkeit, vorzeitig mit Abschlägen in Rente zu gehen. Das Jobcenter Barnim forderte die Frau auch dazu auf, um nicht länger Arbeitslosengeld II zahlen zu müssen. Die Frau lehnte das jedoch ab. Sie gehe mit dem Bundesfreiwilligendienst eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach. Das monatliche Taschengeld erhöhe zudem ihren späteren Rentenanspruch. Daraufhin stellte das Jobcenter für die Frau einen Rentenantrag und meldete einen Erstattungsanspruch für geleistetes Arbeitslosengeld II an.

Die Aufforderung, vorzeitig einen Rentenantrag zu stellen, war auch rechtmäßig, befand nun das BSG. Nach den gesetzlichen Bestimmungen seien Hartz-IV-Bezieher verpflichtet, zunächst Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen. Hartz IV gebe es nur „nachrangig“. Die Klägerin sei auch nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Denn ihr Verdienst habe unter der Geringfügigkeitsgrenze von 450 Euro monatlich gelegen. Dass dennoch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden, sei „ohne Bedeutung“, so das Gericht.

Im ab 2023 geplanten Bürgergeld ist nicht mehr vorgesehen, dass Hilfebedürftige vorzeitig in Rente geschickt werden können.