Umweltverbände fordern "Zeitenwende für Energiesicherheit"

Umweltverbände fordern "Zeitenwende für Energiesicherheit"
Steigende Preise drohen Fortschritte beim Ausstieg aus fossilen Energien zunichtezumachen, warnen Umweltverbände. Anstatt einer Rolle rückwärts seien verstärkte Bemühungen um Transformation nötig, mahnen der Deutsche Naturschutzring und der BUND.

Berlin (epd). Vor dem Hintergrund drastisch gestiegener Preise warnen Umweltverbände vor einer verstärkten Nutzung von Kohle, Gas und Atomstrom. Angesichts sichtbarer Folgen des Klimawandels und der Energiekrise forderten sie die Bundesregierung am Montag in Berlin zu einer „Zeitenwende für Energiesicherheit“ auf. Nötig sei eine „deutliche Beschleunigung der Transformation statt weiterer fossiler Rollen rückwärts“, sagte der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Kai Niebert.

Eine akute Minderversorgung habe nicht zu einer Entfesselung erneuerbarer Energien, sondern zu einer Renaissance fossiler und atomarer Energiequellen geführt, beklagte er bei der Vorstellung eines Katalogs mit Forderungen an die Bundesregierung. Diese müsse eine nationale Solar- und Windreserve aufbauen, um Engpässe zu beseitigen und echte Energiesicherheit garantieren zu können. Knappheiten bei Lieferketten und Produktionsstätten müssten durch staatliche Abnahmegarantien vermieden werden,

Die vorgesehene Verdreifachung der jährlich zu installierenden Kapazitäten erneuerbarer Energien werde derzeit nicht erreicht. Niebert sprach sich dafür aus, Fachkräfte aus dem Ausland für deren Ausbau anzuwerben: „Knappheiten bei Lieferengpässen und Personal dürfen die Energiewende nicht ausbremsen.“

In den bisherigen Entlastungspaketen seien existierende Instrumente wie die Pendlerpauschale wieder aufgelegt worden, die zu sozialen Ungerechtigkeiten führten, monierte die stellvertretende Bundesvorsitzende des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Verena Graichen. Sie mahnte die rasche Einführung eines Energieeffizienzgesetzes und eines Klimageldes an, mit dem Bürgern deren Ausgaben für die CO2-Bepreisung in Form einer Pro-Kopf-Pauschale zurückgegeben werden soll.

Die für den Klimaschutz nötigen Energiesparvorgaben könnten nur erreicht werden, wenn verbindliche Energieeinsparziele festgelegt würden, sagte Graichen. Zur Finanzierung der nötigen Klimaschutzinvestitionen seien jährlich schätzungsweise zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nötig.

Um Deutschland aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland und anderen Staaten zu befreien, müsse der Energie- und Gasverbrauch drastisch gesenkt werden, sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner. Dies sei nur möglich, wenn der Sanierungsstau im Gebäudebereich beendet werde. Energieeffizienzstandards seien nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei bestehenden Gebäuden wichtig.

„Die schlechtesten Gebäude müssen zuerst saniert werden“, mahnte der DUH-Bundesgeschäftsführer. Dazu müsse die Bundesregierung die Förderung auf 25 Milliarden Euro jährlich anheben. Überdies sei ein Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen nötig. Für die Energiewende brauche es ferner einen „wirklichen Wandel mit einem Tempolimit 100/80/30, einem bundesweit gültigen 365-Euro-Klimaticket sowie einer Begrenzung der milliardenschweren Dienstwagenförderung“.

Der Forderungskatalog wird auch von den Umweltorganisationen Germanwatch, Greenpeace, Naturschutzbund (Nabu) und WWF unterstützt.