Katholikentag: Gläubige wollen "neuen Aufbruch wagen"

epd-bild/Norbert Neetz
Ein Werbeplakat für den 98. Deutschen Katholikentag im Karlsruher Hauptbahnhof.
Katholikentag: Gläubige wollen "neuen Aufbruch wagen"
Am Mittwoch beginnt in Mannheim der Katholikentag. Rund 50.000 Besucher wollen dabei einen "neuen Aufbruch wagen". Katholikentage verstehen sich als Foren des Gesprächs zwischen Kirche und Gesellschaft, auf denen religiöse und gesellschaftspolitische Fragen erörtert werden.

Organisiert wird das fünftägige bundesweite Großtreffen von katholischen Laien. Veranstalter sind das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und das gastgebende Erzbistum Freiburg. ZdK-Präsident Alois Glück ist zugleich auch Präsident des Katholikentages.

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Vorgesehen sind in Mannheim rund 1200 Einzelveranstaltungen, darunter Gottesdienste, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Kulturangebote. Bisher haben sich rund 28.000 Dauerteilnehmer angemeldet, zudem werden jeden Tag 10.000 zusätzliche Gäste erwartet. 1800 Helfer sind an den 76 Veranstaltungsorten im Einsatz. In Mannheim und Umgebung stehen für die Kirchentagsbesucher 3000 private Schlafmöglichkeiten zur Verfügung, 6500 Gäste übernachten in Gemeinschaftsquartieren.

Zahlreiche prominente Gäste haben sich in Mannheim angesagt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt am 18. Mai an einer Diskussionsrunde über den demografischen Wandel teil. Bundespräsident Joachim Gauck - wie Merkel Protestant - wird zum Abschlussgottesdienst am 20. Mai erwartet. Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne), der selbst im ZdK aktiv ist, gestaltet einen biblischen Impuls.

Alois Glück: "Keine Harmonieveranstaltung"

Mit dem Motto "Einen neuen Aufbruch wagen" reagieren die Veranstalter des Katholikentages 2012 auf die Belastungen des Jahres 2010, das vom Thema sexueller Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen geprägt war. Der Aufbruch besteht für ZdK-Rektor Stefan-Bernhard Eirich sowohl aus einer "ehrlichen Bestandsaufnahme" als auch dem Vertrauen auf die göttliche Verheißung.

Das Leitwort verweist auf zwei Bibelstellen: Zum einen auf das Alte Testament, wo Gott Abraham auffordert: "Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde" (Genesis 12). Die zweite Stelle steht im Neue Testament, im Lukasevangelium 5,4: Dort fordert Jesus die Jünger auf, nach einem ergebnislosen Fischfang erneut hinauszufahren. Sie folgen seinen Worten und kehren mit vollen Netzen zurück.

Der Präsident des entralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, erhofft sich in Mannheim rege Debatten. "Die Kirche und der Katholikentag müssen keine Harmonieveranstaltung sein", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Der Weg unserer Kirche ist von Anfang an auch geprägt vom Ringen um den richtigen Weg, von der Spannung zwischen Bewahren und Verändern. Gegenwärtig ringen wir aus verschiedenen Positionen heraus", fügte er hinzu.

Bischof Fischer erwartet "Ökumene auf Augenhöhe"

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, machte vor dem Katholikentag deutlich, dass er auch angesichts des Priestermangels die Rolle der Laien stärken und ihnen mehr Verantwortung übertragen will. "Wir brauchen das Engagement von Laien in der Kirche", sagte der Freiburger Erzbischof der dpa. Laien könnten Wortgottesdienste übernehmen oder aktiv werden bei der Vorbereitung von Taufen, der Erstkommunion oder der Firmung. Aber: "Die Feier der Eucharistie ist dem Priester vorbehalten."

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Innerkirchliche Themen prägen den Katholikentag jedoch nicht allein, es geht auch um gesellschaftliche Herausforderungen wie die Begrenztheit von Ressourcen und nachhaltiges Wirtschaften. Etliche Veranstaltungen drehen sich um die Ökumene und den Dialog mit anderen Religionen wie dem Islam. Neben Gottesdiensten, Diskussionsrunden, Vortragsreihen oder Bibelarbeiten gibt es ein buntes Rahmenprogramm mit Lesungen, Konzerten und Ausstellungen.

Der badische Landesbischof Fischer äußerte im epd-Gespräch die Erwartung, dass bei den Begegnungen auf dem Mannheimer Katholikentag eine "Ökumene auf Augenhöhe" spürbar werde. Dazu gehöre, dass die evangelische und katholische Kirche versuchten, ein gemeinsames Glaubenszeugnis gegenüber der Welt abzulegen. Das ökumenische Miteinander in Südwestdeutschland gilt als vorbildlich; nur in Baden und Württemberg gibt es beispielsweise die Möglichkeit einer echten ökumenischen Trauung.

Im Wechsel mit dem evangelischen Kirchentag

Seit 1950 finden die Katholikentage alle zwei Jahre statt, meist im Wechsel mit dem Deutschen Evangelischen Kirchentag. Den ersten Katholikentag nach dem Fall der Mauer gab es 1990 in Berlin, der erste Ökumenische Kirchentag fand 2003 ebenfalls in Berlin statt. Nach Mannheim zieht die Katholikentagsbewegung 2014 weiter nach Regensburg.

Die Ursprünge des Katholikentages reichen in das Jahr 1848 zurück, als die erste Generalversammlung des Katholischen Vereins Deutschlands in Mainz stattfand. Katholische Christen reagierten mit der Gründung von Vereinigungen und Versammlungen auf die staatliche Einmischung in kirchliche Angelegenheiten. 

Die Generalversammlungen entwickelten sich während des sogenannten Kulturkampfs zu einem Sammelbecken der Katholiken, die sich damit im Widerstand gegen staatliche Bevormundung stärkten. Nach dem Ersten Weltkrieg gewannen die Katholikentage an Anziehungskraft und erreichten mehr Besucher. Unter dem Nationalsozialismus waren die Laientreffen verboten und das katholische Verbandswesen weitgehend kaltgestellt.