Militär will Parallelauszählung bei Präsidentschaftswahl in Brasilien

Militär will Parallelauszählung bei Präsidentschaftswahl in Brasilien

Berlin, São Paulo (epd). Erstmals in ihrer Geschichte planen die brasilianischen Streitkräfte bei den Präsidentschaftswahlen eine Parallelauszählung der Wahlergebnisse. Dafür will das Militär Stimmen aus 385 Urnen verteilt auf das ganze Land zählen, wie die Tageszeitung „Folha de São Paulo“ am Dienstagabend (Ortszeit) berichtete. Hintergrund sind die sich wiederholenden unfundierten Vorwürfe des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro von zu erwartendem Wahlbetrug. In Brasilien wird seit 1996 elektronisch abgestimmt.

Zunächst hatte das Oberste Wahlgericht die Pläne der Streitkräfte zurückgewiesen und argumentiert, Wahlbeobachtung gehöre nicht zu den Aufgaben des Militärs. Das Militär erhob dagegen Einspruch. Normalerweise leisten die Streitkräfte bei Wahlen logistische Unterstützung, etwa beim Transport der Wahlcomputer in entlegene Gebiete. Jetzt sollen Militärangehörige Fotos von den verschlüsselten Daten machen, die bei der elektronischen Stimmabgabe als Bestätigung ausgedruckt werden. Die Fotos sollen dann an das Kommando der Streitkräfte für Cyberabwehr in Brasília übermittelt und ausgewertet werden.

Einer Darstellung der Streitkräfte, dass es dazu einen gemeinsamen Beschluss gegeben habe, widersprach das Wahlgericht am Dienstag. Gleichwohl stehe es jeder Person frei, der öffentlichen Stimmenauszählung beizuwohnen, hieß es.

Unterdessen heizt Bolsonaro die angespannte Lage weiter an, indem er die Beteiligung der Streitkräfte an der Stimmenauszählung zur Voraussetzung für eine legitime Wahl macht. Mehrfach hatte er die Einführung von Stimmzetteln gefordert, weil seiner Meinung nach Wahlcomputer manipuliert werden könnten. In Umfragen liegt Bolsonaro weit hinter seinem Herausforderer, dem linksgerichteten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Brasilien wählt am 2. Oktober einen neuen Präsidenten. Wenn kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht, wird drei Wochen später eine zweite Runde abgehalten.