Bundesverband fordert mehr Geld für Housing First-Obdachlosenhilfe

Bundesverband fordert mehr Geld für Housing First-Obdachlosenhilfe
Eine Wohnung ganz ohne Vorbedingungen, nichts muss zuvor bewiesen werden: Das ist zentral im Konzept von Housing First, mit dem obdachlose Menschen nachhaltig von der Straße geholt werden sollen. Ein neues Netzwerk will die Idee verbreiten.

Bremen (epd). Mit einem neu gegründeten Bundesverband wollen Housing First-Initiativen aus ganz Deutschland ein Netzwerk für ihre Idee der Obdachlosenhilfe schaffen und ihr Konzept in ein Regelangebot überführen. „Housing First sollte auf nationaler Ebene maßgebend sein, wenn es um die Beseitigung von Obdachlosigkeit geht“, sagte Verbandsvorsitzende Corinna Müncho am Donnerstag in Bremen. Beispiele aus den USA und Finnland zeigten, dass das Konzept ausgesprochen erfolgreich sei. Dafür seien in Deutschland allerdings mehr Geld für Personal und mehr bezahlbarer Wohnraum notwendig.

Vertreterinnen und Vertreter von Housing First-Projekten aus mehreren Bundesländern hatten am Mittwochabend in Bremen im Vorfeld eines zweitägigen Fachtreffens den Bundesverband gegründet. „Wir wollen Housing First als Instrument der Obdachlosenhilfe stärken und dauerhaft etablieren“, erklärte Müncho, die ein Housing First-Projekt in Berlin leitet. Der Verband wolle weg von einzelnen Modellprojekten, hin zu einer Institutionalisierung mit festen Strukturen.

Das Konzept von „Housing First“ stammt aus den USA. Danach erhalten obdachlose Menschen zuerst einen eigenen Mietvertrag, ohne Vorbedingungen. Erst danach können sie im Idealfall durch multiprofessionelle Unterstützung alle anderen Probleme wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Sucht angehen.

Die Wahl- und Entscheidungsfreiheit der obdachlosen Menschen sei eine der zentralen Elemente von Housing First, betonte Verbandsvorsitzender Kai Hauprich, Projektleiter von Housing First in Köln. Nach seinen Worten gibt es derzeit bundesweit in 16 Städten 20 Housing First-Projekte.

Oft arbeiten die Projekte mit Wohnungsbauunternehmen zusammen, um obdachlosen Menschen einen Mietvertrag zu verschaffen. In Düsseldorf, älteste Housing First-Initiative Deutschlands, kauft die örtliche Initiative auch eigenen Wohnraum. „Wir haben derzeit 50 Wohneinheiten mit 60 Mietern“, sagte die Düsseldorfer Projektleiterin Julia von Lindern.

„Bei Housing First muss sich niemand eine Wohnung verdienen“, betonte Müncho. Der Bremer Moritz Muras ergänzte, wenn ein obdachloser Mensch eine Wohnung habe, sei die Notlage noch nicht überwunden. Deshalb seien die wohnbegleitenden Hilfen unverzichtbar. „Wir kommen regelmäßig und bieten über zwei Jahre Hilfen an.“ Mit diesem Konzept sei im Februar in Bremen der erste Mietvertrag abgeschlossen worden, mittlerweile seien es bereits 15.

Der Bundesverband will auch für einen Austausch sorgen und positive Erfahrungen als Muster für andere Projekte weitergeben. Wichtig sei darüber hinaus, dass das hinter Housing First stehende Menschenbild von den Trägern in Politik und Verwaltung „überschwappt“, bekräftigte Müncho: „Jeder bekommt eine Wohnung - und das, ohne zuvor etwas beweisen zu müssen.“