Rostock (epd). Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen haben am Samstag mehrere Tausend Menschen friedlich an die rassistisch motivierten Ausschreitungen vor 30 Jahren erinnert. Die Polizei Rostock sprach von rund 3.600 Teilnehmenden, die Veranstalter schätzten die Zahl zunächst auf 10.000, später sprachen sie von 5.000 Teilnehmenden. Auch ein „Schwarzer Block“ formierte sich, innerhalb des Blocks kam es zur Zündung eines Nebeltopfes.
Zahlreiche Rostocker Vereine beteiligten sich, ebenso verschiedenste Gruppen von „Jugendliche ohne Grenzen“ bis hin zu „Omas gegen Rechts“, die extra anreisten. Die Veranstaltung stand unter dem Titel „Erinnern heißt verändern“, aufgerufen hatte das Bündnis „Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992“. Demonstration und Kundgebungen verliefen nach Polizeiangaben friedlich. Die Demonstrationsroute verlief durch die Rostocker Stadtteile Lichtenhagen und Lütten Klein.
Seyhmus Atay-Lichtermann, Vorsitzender des Migrantenrats Rostock, sagte im Rückblick auf die Ausschreitungen in Lichtenhagen, Politik, Polizei und weitere Verantwortliche hätten damals versagt. Die Erinnerung an das Pogrom müsse wachgehalten werden, um erneute Anschläge zu verhindern. Menschen müssten sich entschieden gegen Rassismus, Antiziganismus, Islamophobie stellen.
Die Abschlusskundgebung fand auf der Wiese am „Sonnenblumenhaus“ statt, dem elfstöckigen Plattenbau-Gebäude, in dem sich damals die Aufnahmestelle für Asylsuchende befunden hatte und an dem die Ausschreitungen vor 30 Jahren begonnen hatten.
Dort sagte Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA), damals seien Opfer alleingelassen worden. Dass keine massive Kampagne gegen Rechts ablaufen sei, dass das Asylrecht verschärft worden sei, habe die rechten Kräfte gestärkt. „Es ist nicht vorbei“, so Kerth. Rassismus gehöre in Deutschland zum Alltag.
Vom 22. bis zum 26. August 1992 gab es im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen schwere rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Ausschreitungen. Im Verlauf der vier Tage gerieten dabei 150 Menschen in akute Lebensgefahr, nachdem ein Wohnhaus ehemaliger vietnamesischer DDR-Vertragsarbeiter in Brand gesetzt worden war. Mehr als 200 Polizisten wurden verletzt, einer davon schwer.
Die Demonstration bildete den Höhepunkt eines Gedenkjahres, das die mehr als 30 Bündnispartner aus Rostock und Umgebung anlässlich des 30. Jahrestages des Pogroms bereits seit Ende Februar gestalteten.