Scholz bedauert eigene Reaktion auf Abbas' Holocaust-Vergleich

Scholz bedauert eigene Reaktion auf Abbas' Holocaust-Vergleich
Palästinenserpräsident Abbas sorgt für Empörung, als er im Kanzleramt Israel "50 Holocausts" vorwirft. Kanzler Scholz bedauert, dass er darauf nicht sofort reagiert hat. Sein Sprecher nimmt die Schuld auf sich.

Berlin (epd). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bedauert seine zögerliche Reaktion auf den Holocaust-Vergleich von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Das sagte sein Sprecher Steffen Hebestreit und übernahm die Verantwortung dafür, dass der Kanzler am Ende der Pressekonferenz Abbas nicht direkt widersprach. Scholz erklärte am Mittwochmorgen in Berlin über Twitter: „Ich bin zutiefst empört über die unsäglichen Aussagen des palästinensischen Präsidenten.“ Er fügte hinzu: „Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel.“ Abbas versuchte später in einer über die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa verbreiteten „Klarstellung“, die Wogen zu glätten.

Am Dienstagnachmittag war Abbas zu einem Gespräch im Kanzleramt in Berlin. Bei der anschließenden Pressekonferenz sagte er, Israel habe „50 Massaker“, „50 Holocausts“ in 50 palästinensischen Dörfern und Städten verübt. Nach diesen Äußerungen endete die Pressekonferenz. Scholz, der zuvor einen Apartheid-Vorwurf zurückgewiesen hatte, reagierte diesmal nicht sofort. Dafür wurde er zum Teil heftig kritisiert.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: „Dass eine Relativierung des Holocaust, gerade in Deutschland, bei einer Pressekonferenz im Bundeskanzleramt, unwidersprochen bleibt, halte ich für skandalös.“ Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sprach von einem „unfassbaren Vorgang“. Scholz hätte Abbas „klar und deutlich widersprechen und ihn bitten müssen, das Haus zu verlassen“, twitterte er.

Auch die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) meldete sich zu Wort. Auf Anfrage der „Bild“-Zeitung erklärte eine Sprecherin des Büros der ehemaligen Regierungschefin, die Äußerungen seien ein inakzeptabler „Versuch, die Singularität der von Deutschland im Nationalsozialismus begangenen Verbrechen des Zivilisationsbruchs der Schoa zu relativieren beziehungsweise den Staat Israel direkt oder indirekt auf eine Stufe mit Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus zu stellen“.

Der Kanzler bedauere, dass er auf der Pressekonferenz „nicht ein zweites Mal intervenieren und direkt auf die Angriffe Abbas' reagieren konnte“, sagte Regierungssprecher Hebestreit und nahm die Schuld auf sich. „Das war mein Fehler und den muss ich auf meine Kappe nehmen.“ Er habe am Ende der Pressekonferenz keinen Blickkontakt zu Scholz gehabt, schilderte er die Situation. „Dann habe ich den Fehler gemacht, nicht darauf zu reagieren beziehungsweise nicht selber eine Lücke zu lassen, sodass der Bundeskanzler reagieren kann.“ Scholz habe ihn deshalb beim Abgang von der Bühne „angeraunzt“, weil er noch gerne etwas entgegnet hätte. Doch da seien die Mikrofone schon aus gewesen.

Am Mittwochvormittag bestellte das Kanzleramt den Angaben zufolge den Leiter der palästinensischen Vertretung in Berlin ein. Scholz erwarte, dass Abbas „die Singularität des Holocausts ohne jede Einschränkung anerkennt“, sagte Hebestreit. Für Donnerstag sei ein Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Jair Lapid anberaumt, um über den Vorfall zu sprechen.

Lapid hatte bereits auf Twitter reagiert und erklärt, dass Abbas Israel „50 Holocausts“ vorgeworfen habe, während er auf deutschem Boden stand, „ist nicht nur eine moralische Schande, sondern auch eine monströse Lüge“. Sechs Millionen Juden seien im Holocaust ermordet worden, darunter eineinhalb Millionen jüdische Kinder. „Die Geschichte wird ihm nie verzeihen.“

Abbas ließ derweil über die Agentur Wafa erklären, mit seiner Antwort auf der gemeinsamen Pressekonferenz habe er nicht die Singularität des Holocausts leugnen wollen. Der Holocaust sei das grausamste, abscheulichste Verbrechen in der modernen Geschichte.