Gasumlage soll zunächst rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen

Gasumlage soll zunächst rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen
Weil Alternativen zu russischem Gas teuer sind, haben Energieversorger höhere Beschaffungskosten. Ab Oktober können diese großteils an die Kunden weitergegeben werden. Haushalte müssen voraussichtlich Hunderte Euro mehr bezahlen.

Berlin (epd). Ab Oktober kommen auf Gasverbraucher zusätzliche Kosten zu. Die für das deutsche Marktgebiet verantwortliche Gesellschaft Trading Hub Europe gab am Montag in Berlin die Höhe der errechneten Gasumlage mit 2,419 Cent pro Kilowattstunde bekannt. Damit können Gasversorger bis Ende März 2024 den Großteil der Kosten an ihre Kunden weitergeben, die ihnen entstehen, weil sie ausbleibende Lieferungen aus Russland mit neu gekauftem und deutlich teurerem Gas ersetzen müssen.

Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte in Berlin, „die Bundesregierung sieht, dass da erhebliche Mehrbelastungen auf die Menschen in diesem Land zukommen.“ Sie wies auf das Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hin, ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg zu bringen. Nach Angaben der Verbraucherzentrale Bundesverband liegt die Mehrbelastung für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden bei 483,80 Euro jährlich ohne Mehrwertsteuer. Vorständin Ramona Pop forderte, die Einführung der Umlage zu verschieben. „Die Gasumlage kann nicht ohne ein Entlastungspaket eingeführt werden.“

Der Sozialrechtsexperte Harald Thomé forderte gerade für ärmere Haushalte gezielte finanzielle Entlastungen. „Der Staat muss sich jetzt schnell überlegen, wie er denjenigen hilft, die diese hohen Mehrkosten nicht mehr stemmen können“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Thomé betonte, entweder der Staat gebe allen einen Zuschuss, die knapp oberhalb der Bedürftigkeitsgrenze für Sozialleistungen lägen, oder man weite den Kreis der Berechtigten beim Wohngeld deutlich aus.

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, geht davon aus, dass die Einführung der Gasumlage außerdem die Inflationsrate noch einmal sprunghaft erhöhen könnte. Wenn auf die Umlage Mehrwertsteuer erhoben werde, steige die Rate um 1,0 Prozentpunkte. Ohne Mehrwertsteuer wäre der Inflationseffekt seinen Berechnungen nach 0,8 Prozentpunkte.

Der Paritätische Gesamtverband warnte vor einer neuen Armutsspirale bis hin zu Wohnungsverlust, sollten nicht unverzüglich Ausgleichsmaßnahmen getroffen werden. „Es braucht hier kein Entlastungspäckchen für alle, sondern ein großes Paket für die Armen“, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. „Wir nehmen die Bundesregierung beim Wort und erwarten umfassende Hilfen für alle, die sie benötigen.“

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte, die Umlage sei „bei weitem kein einfacher Schritt, aber notwendig, um die Wärme- und Energieversorgung in den privaten Haushalten und der Wirtschaft aufrechtzuerhalten“. Er räumte ein, es sei gerade für jene, die nicht viel hätten, eine hohe Belastung, „die nicht oder nur schwer zu tragen ist“. Daher habe sich die Regierung auf „eine Ausweitung des Wohngeldes mit einem Heizkostenzuschuss verständigt“. Weitere Entlastungen seien nötig.

Noch ist unklar, ob Bürgerinnen und Bürger auf die Umlage auch Mehrwertsteuer bezahlen müssen. Habeck versicherte: „Wir werden einen Weg finden, um sicherzustellen, dass es da nicht noch zu einer zusätzlichen Belastung kommt.“ Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner (CDU), äußerte daran Zweifel. In der „Rheinischen Post“ (Dienstag) sagte sie, es sei zu spät entdeckt worden, dass die Umlage mehrsteuerpflichtig sei. Die EU-Genehmigung „für die Befreiung kann bis zu acht Monate dauern“.

Die Gasumlage kann alle drei Monate aktualisiert werden. Sie wird von der Trading Hub Europe berechnet, Wirtschaftsprüfer sowie die Bundesnetzagentur überprüfen die Summe. Zwölf Gasimporteure haben laut Wirtschaftsministerium bislang Ersatzbeschaffungskosten angemeldet und insgesamt 34 Milliarden Euro an Kosten geltend gemacht.