Energie-Expertin Kemfert warnt vor Deckelung der Gas-Preise

Energie-Expertin Kemfert warnt vor Deckelung der Gas-Preise
FDP will Hartz-IV-Empfänger bei Heizkosten entlasten
Vor dem Hintergrund steigender Gaspreise schlägt die FDP einen Bonus für Hartz-IV-Empfänger vor. Der Paritätische warnt indes vor der drohenden Zusatzbelastung einkommensschwacher Haushalte durch die von der Bundesregierung geplante Gas-Umlage.

Berlin (epd). In der Debatte um steigende Gaspreise hat sich die Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claudia Kemfert, gegen eine Deckelung der Gaspreise für Privatkunden ausgesprochen. Das sei der falsche Weg, denn „wir benötigen Marktsignale, um Gas einzusparen. Wir sollten Kosten deckeln, nicht Preise“, sagte Kemfert dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Wirtschaftswissenschaftlerin widersprach damit dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der sich für eine Obergrenze bei zu zahlenden Energiepreisen ausspricht. Die Kosten könnten nur gesenkt werden, indem der Verbrauch sinke, sagte die Professorin für Energiewirtschaft und -politik.

Zu der von der Bundesregierung für den Herbst angekündigten Gas-Umlage für alle Bürgerinnen und Bürger sagte die Ökonomin, diese Maßnahme sei „aus politischen Gründen verständlich, aus wirtschaftlichen nicht“. Energiesparen sei das Gebot der Stunde. Aus Sicht der Ökonomin wäre es sinnvoller gewesen, dass die Konzerne die gestiegenen Gaspreise weiterreichen dürfen. „Allerdings sollten Haushalten Prämien angeboten werden, die Gas einsparen“, so Kemfert.

Für Hartz-IV-Empfänger schlägt die FDP einen Energiespar-Bonus vor. „Die deutlich gestiegenen Preise sind für viele Menschen der wichtigste Anreiz, um Gas einzusparen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Lukas Köhler, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND, Samstag). Wer Arbeitslosengeld II beziehe, habe diesen Anreiz jedoch nicht, da die Kosten in der Regel vollständig vom Jobcenter übernommen würden. Leistungsempfänger, die weniger Gas als in den Vorjahren verbrauchen, würden Köhlers Vorschlag zufolge einen Großteil der eingesparten Heizkosten ausgezahlt bekommen.

Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, kritisierte die geplante Gas-Umlage. „Es kann nicht angehen, dass Krisengewinner nunmehr auch noch von jedem Einkaufsrisiko freigestellt werden“, sagte Schneider dem RND (Samstag). Stattdessen forderte er eine Übergewinnsteuer für Unternehmen, „die mit Krieg und Krisen außergewöhnlich hohe Erträge erwirtschaftet haben und weiter erwirtschaften“. Die Einnahmen einer solchen Steuer sollten nach Schneiders Vorschlag dafür verwendet werden, einkommensschwächere Haushalte „in diesem teuren Herbst und Winter zu unterstützen“.

Die geplante Umlage für alle Gaskunden soll voraussichtlich ab dem 1. Oktober gelten. Plänen der Bundesregierung zufolge sollen Verbraucher und Verbraucherinnen bis Ende März 2024 einen Aufschlag von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde zahlen, um die Energieversorger von den stark gestiegenen Preisen an den Gasmärkten zu entlasten.

SPD-Parteichefin Saskia Esken sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag), ihre Partei wolle den Widerstand des Koalitionspartners FDP gegen eine Übergewinnsteuer ausräumen. „Es ist nicht hinzunehmen, dass Energiekonzerne Krisengewinne einfahren in einer Zeit, in der der Staat Gasversorger mit einer solidarischen Preisumlage stabilisiert oder gar mit Steuergeldern“, sagte sie. FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner ist bislang gegen eine Übergewinnsteuer, unter anderem, weil sie nicht passgenau anzuwenden sei.